Betreff
Teilnahme am Förderprogramm "100 Wilde Bäche für Hessen" zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) sowie Sachstand Umsetzung der WRRL
Vorlage
16-21/1247
Aktenzeichen
60-4 MBF
Art
Beschlussvorlage

Beschlussentwurf:

 

Der Bewerbung an dem vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz herausgegebenem Programm "100 wilde Bäche für Hessen" wird zugestimmt.

 

Die Bewerbung erfolgt für den Straßbach.

 


Sach- und Rechtslage:

 

1.   Rechtliche Grundlagen

Am 22.12.2000 trat die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) mit folgender Zielsetzung in Kraft

„Zentraler und langfristiger Ansatz der WRRL ist es, für die Gewässer in ganz Europa einen einheitlichen Standard des Zustands bei der Vermeidung einer weiteren Verschlechterung sowie beim Schutz der aquatischen und der mit Wasser direkt in Verbindung stehenden Landökosysteme zu erreichen. Die Wassernutzung soll nach Nachhaltigkeitsgrundsätzen erfolgen, wobei die Ressource Wasser langfristig geschützt wird. Dies steht auch im Einklang mit § la des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG), nach dem die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushaltes und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu sichern sind."

 

Die grundsätzlichen Zielvorgaben der WRRL sind:

 

-       Für alle Oberflächenwasserkörper: das Verschlechterungsverbot, die Reduzierung der Verschmutzung mit Schadstoffen sowie die Einstellung von Einleitungen, Emissionen und Verlusten gefährlicher Schadstoffe,

-       für natürliche Oberflächenwasserkörper: der gute Zustand,

-       für erheblich veränderte und künstliche Wasserkörper: das gute ökologische Potential und der gute chemische Zustand,

-       für Grundwasserkörper: das Verschlechterungsverbot; der gute mengenmäßige und gute chemische Zustand sowie die Trendumkehr bei signifikanten und anhaltend zunehmenden Schadstoffkonzentrationen,

für Schutzgebiete: Erreichen aller Normen und Ziele der WRRL, sofern die Rechtsvorschriften für die Schutzgebiete keine anderweitigen Bestimmungen enthalten

 

In den Folgejahren wurden die Vorgaben zunächst in Bundes- und Landesrecht umgesetzt sowie ausführliche Bestandsaufnahmen aller Gewässer und der Grundwasserköper durchgeführt. Aufbauend auf diesen Bestandsaufnahmen wurden Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme entwickelt.

 

2.   Bisher umgesetzte Maßnahmen

 

In den letzten 20 Jahren wurden im Stadtgebiet zahlreiche Maßnahmen umgesetzt:

Am Seebach erfolgten Renaturierungen auf der Seewiese, im Bereich Psychiatrie/ Stadthalle, an der B3a und an der Sporthalle in Ockstadt. In den beiden letzten Jahren erfolgte die Freilegung des Seebaches im Bereich des ehemaligen Autohauses Philippi. Im Rahmen der Flurbereinigung B3a konnten Gewässerrandstreifen in städtischen Besitz überführt werden, welche für zukünftige Renaturierungen zur Verfügung stehen.

 

Am Straßbach wurde die Mündung in die Wetter nach gewässerökolgischen Gesichtspunkten umgestaltet. Im Bereich Fresenius erfolgte die Anlage von Auengewässern.  Auch hier wurden umfangreiche Flächen im Rahmen der Flurbereinigung B3a erworben, beginnend bei der Frankfurter Straße bis zur Bahnlinie nach Friedrichsdorf, die für Renaturierungsmaßnahmen zur Verfügung stehen.

 

An der Wetter wurde die lineare Durchgängigkeit an der Görbelheimer Mühle und an der Mühle am Steg in Bruchenbrücken durch den Bau von Umgehungsgerinnen wiederhergestellt. Große Flächen für die Entwicklung der Aue der Wetter wurden sowohl an der Görbelheimer Mühle als auch im Rahmen der Hochwasserschutzmaßnahme in Bruchenbrücken bereitgestellt. Entlang der Wetter hat die Stadt verpachtete Gewässerrandstreifen auf Ackerland in einer Größenordnung von 12.500m² gekündigt. Der Versuch Land anzukaufen ist leider aufgrund der ablehnenden Haltung der Grundstückseigentümer gescheitert.

 

 

 

 

3.   Das Programm 100 Bäche

 

Das Programm "100 wilde Bäche für Hessen" soll die unterhaltungspflichtigen Kommunen und Wasserverbänden bei der Umsetzung der WRRL in Hessen unterstützen. Ein vom Land Hessen finanzierter Dienstleister übernimmt die Koordinierung der Planungs-, Genehmigungs- und Bauausführungsleistungen, sowie das Flächenmanagement. Ziel ist es den Arbeitsaufwand für die Kommune deutlich zu reduzieren.

 

Ziele des Programms sind u.a.:

 

·       Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie bis 2027

·       Beitrag zur Hessischen Biodiversitätsstrategie (Ziel VI: Erreichung eines ökologisch günstigen Zustands der hessischen Gewässer, wesentliche Herstellung der Durchgängigkeit der Fließgewässer für wandernde Fischarten und Verbesserung des Zustands der an Wasser gebundenen Biologischen Vielfalt)

·       Beitrag zum landesweiten Biotopverbund

·       Beitrag zum ökologischen Hochwasserschutz

 

Weiter ist vorgesehen, die konkrete Maßnahmenumsetzung inkl. der Planungsleistungen und ggf. öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen gemäß der „Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Gewässerentwicklung und zum Hochwasserschutz" (StAnz. 7/2017 S. 238) finanziell zu unterstützen. Die Förderhöhe beträgt derzeit je nach finanzieller Leistungsfähigkeit des Zuwendungsempfängers 75 % bis 95 %. Hierbei kann der kommunale Eigenteil über die Generierung von Ökopunkten refinanziert bzw. über die Einbringung von kommunalen Flächen in die Projekte verrechnet werden.

 

Das Programm „100 Wilde Bäche für Hessen" soll ebenfalls dazu dienen, die Öffentlichkeit für das Thema Gewässerökologie und Gewässerschutz zu sensibilisieren. Deswegen wird der Dienstleister auch gerne in diesem Bereich tätig werden.

 

Für die Auswahl der 100 am Programm teilnehmenden Bäche wird ab sofort bis 25. Oktober 2019 ein Teilnahmewettbewerb unter den gewässerunterhaltungspflichtigen Kommunen und Wasserverbänden durchgeführt. Hierzu ist eine Bewerbung über die dafür eingerichtete Homepage notwendig.

 

Aus den eingehenden Bewerbungen erfolgt die Endauswahl, die bis zum Jahresende 2019 abgeschlossen und bekanntgegeben wird. Diese erfolgt auf Grundlage vorher festgelegter Fachkriterien (z.B. Flächenverfügbarkeit, Nutzung von Synergien mit anderen Zielen der Landesregierung, wie Natura 2000, Biologische Vielfalt, Klimaschutz oder bereits vorhandenen Planungen/ Gewässerentwicklungskonzepten). Es ist vorgesehen, dass die Gewässerent-wicklungsprojekte aus dem Programm schrittweise bis 2023 begonnen werden. Basis der Renaturierungen sind die Bewirtschaftungspläne und das Maßnahmenprogramm zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Hessen. Aber auch weitergehende zielführende Maßnahmen sind davon nicht ausgeschlossen.

 

4.   Auswahl des Straßbaches mit Beschreibung der Maßnahmen

 

Basis der vorgesehenen Renaturierungen sind die im WRRL-Maßnahmenprogramm 2015-2021 bzw. in Ihren Steckbriefen hinterlegten Strukturmaßnahmen. Für die Kommune Friedberg sind strukturverbessernde Maßnahmen für Wetter, Usa, Straßbach und Seebach vorgesehen.

 

Für das Programm 100 Bäche stehen auf der Bewerbungsplattform des Landes Hessen nur der Seebach und der Straßbach zur Auswahl. Während der Seebach weite Strecken in bebauten Ortslagen aufweist (Ockstadt und Kernstadt Friedberg) und hier nicht verändert werden kann, fließt der Straßbach nur im Industriegebiet Süd durch besiedelte Flächen. Im Rahmen der Flurbereinigung B3a konnten durchgehende Gewässerrandstreifen in großer Länge am Straßbach erworben werden, welche für Renaturierungen zur Verfügung stehen. Zwischen Fresenius und der Bahnlinie nach Frankfurt ist die Stadt Eigentümerin der benachbarten Flächen am Straßbach. Am Seebach wurden vergleichsweise lange Strecken bereits renaturiert. All diese Gründe sprechen für die Auswahl des Straßbaches.

 

Der ökologische Zustand des Straßbaches wird durchweg als schlecht beschrieben. Insgesamt gibt es 18 weitgehend unpassierbare Wanderhindernisse (i. d. R. Rohrdurchleitungen z.B. bei Brücken).

 

Die im Folgenden beschriebenen Maßnahmen sind einer Studie des Planungsbüros Naturplanung aus Wölfersheim vom November 2015 entnommen, das als Gewässerberater im Auftrag des Regierungspräsidiums Darmstadt tätig wurde.

 

Die gemäß der Projektstudie realisierbaren Maßnahmen sind in der beiliegenden Tabelle = Anlage 1 aufgelistet und in einer Übersichtskarte = Anlage 2 dargestellt.

 

Die Zusammensetzung der geschätzten reinen Investitionskosten sind den Maßnahmensteckbriefen der oben genannten Studie entnommen.

 

1)      Maßnahme Nr. 54042 – Querbauwerk 34102:

Ersatz des Durchlasses und Anlegen von Bermen zur Verbesserung

der amphibischen und terrestrischen Durchgängigkeit zwischen Bahn

und Industriegebiet West                                                                               12.000 €

 

2)      Maßnahme Nr. 54042 - Querbauwerk 34104:

Ersatz des Durchlasses und Anlegen von Bermen zur Verbesserung

der amphibischen und terrestrischen Durchgängigkeit zwischen Bahn

und Industriegebiet West                                                                               20.000 €

 

3)      Maßnahme Nr. 54042 – Querbauwerk 34106:

Einbau von Borstenelementen auf ca. 20 m und Einbringen von

kiesigem Substrat.                                                                                        20.000 €

 

4)      Maßnahme Nr. 54044 – Querbauwerk 34109:

Rückbau der Betoneinbauten auf ca. 25 m und Modellierung der

Sohl-und Uferstruktur und damit Herstellen der linearen

Durchgängigkeit im Industriegebiet West                                                       80.000 €

 

5)      Maßnahme Nr. 54044 – neues Querbauwerk:

Rückbau der Betoneinbauten und Wiederherstellung eines

naturnahen Abflussprofils                                                                             50.000 €

 

6)      Maßnahme Nr. 54046 – Querbauwerk 34116:

Ersatz des Durchlasses und Anbinden der Rohre an die Ufer-und

Böschungsbereiche                                                                                      10.000 €

 

7)      Maßnahme Nr. 54046 - Querbauwerk 34117:

Ersatz des Durchlasses und Anbinden der Rohre an die Ufer-und

Böschungsbereiche                                                                                      10.000 €

 

8)      Maßnahme Nr. 55842:

Profilierung und Aufziehen der bestehenden Bachstrukturen

auf ca. 600 m. Einbringen von Kiesstrukturen                                                 25.000 €

 

Summe Investitionskosten (Kostenstand 2015):                                                       227.000 €

Notwendige städt. Mittel bei einer Förderung von 75 %:                                                          56.750 €

Notwendige städt. Mittel bei einer Förderung von 95 %:                                                          11.350 €

Zzgl. Kosten für den Flächenerwerb

 

Welche Maßnahme aus dieser Liste umgesetzt werden, wird sich erst im weiteren Verfahren zeigen. Da die Planungskosten vom Land übernommen werden, ist eine Mittelbereitstellung für Teilabschnitte erst ab dem Jahr 2021 notwendig.

 

5.      Sachstand Usa, Seebach und Wetter

Für die Usa und den Seebach hat der RP Darmstadt ebenso einen Maßnahmenplan entworfen. Dieser betrifft neben Maßnahmen am Gewässer selbst sehr stark die Einleitungen aus der Kläranlage Friedberg und den Regenüberlaufbecken an Usa und Seebach. Die Stellungnahme der Stadt zum Maßnahmenplan ist als Anlage 3 beigelegt. Die weitere Verfahrensweise ist offen!

Für die Wetter ist der Wasserverband Nidda unterhaltungspflichtig. Die Stadt selbst hat, wie bereits erwähnt große Flächen für die Entwicklung der Aue an der Görbelheimer Mühle und an der Wetter bereitgestellt. Ein ca. 4700m² großer Gewässerrandstreifen unterhalb der Görbelheimer Mühle konnte gegen städtisches Ackerland eingetauscht werden. Der Erwerb von Flächen ist jedoch gescheitert – entsprechende Anfragen der Stadt an alle Anlieger brachten leider keinen Erfolg.

Auf den 12.500m² gekündigten Gewässerrandstreifen (vgl. Pkt. 2 Bisher umgesetzte Maßnahmen) werden extensive Wiesen, Ruderalfluren und ein Auenwald entstehen. Kostenträger für die letztgenannte, finanziell aufwendige Maßnahme sind die Entsorgungs-betriebe der Stadt. (Naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme für das neue Belebungs-becken)

 


 

Finanzielle Auswirkungen:

JA

x

NEIN

Haushaltsjahr

 

Ergebnishaushalt

Finanzhaushalt

Produkt

 

Kostenstelle

 

Investitionsnummer

 

Sachkonto

 

Einnahme oder

Ertrag

Ausgabe oder Aufwendung

Die Mittel stehen im Haushalt zur Verfügung

JA

NEIN

Überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen (§100 HGO)

Deckungsvorschlag

Friedberg (Hessen), den

Haushaltsjahr

 

 

Kostenstelle

 

Sachkonto

 

Produkt

 

Investitionsnummer

 

( Unterschrift FB Finanzen)