Betreff
Bestattungen auf den Friedhöfen in Friedberg
Vorlage
16-21/1164
Aktenzeichen
60/4 Le
Art
Beschlussvorlage

Beschlussentwurf:

1.     Die ursprüngliche Planung für ein Baumbestattungsfeld mit 90 Bäumen und 720 Urnen-Plätzen auf dem Hauptfriedhof wird nicht weiter verfolgt.

Alternativ werden auf dem Hauptfriedhof und auf allen Ortsteilfriedhöfen Baumbestattungen mit Urnen, wie beschrieben, ermöglicht.

Die Kostendeckung der Ortsteilfriedhöfe erfolgt ebenso aus der Kostenstelle mit der Investitions-Nr.  6.0624.06

 

2.     Von der Schaffung eines kommunalen Waldfriedhofes auf dem Privatgelände des Ossenheimer Wäldchens  wird seitens der Stadt Friedberg Abstand genommen.

 


Sach- und Rechtslage:

 

1. Baumbestattungen und sog. Wiesenbestattungen auf den Friedhöfen der Stadt Friedberg

 

Im Jahr 2017 wurden im Haushaltsplan der Stadt Friedberg 220.000,00 Euro für ein Grabfeld für Baumbestattungen auf dem Hauptfriedhof bereitgestellt. Das Amt für Stadtentwicklung veranlasste daraufhin, dass die bestehenden Planungskonzepte im Detail ausgearbeitet wurden, bis hin zur Aufstellung eines Leistungsverzeichnisses.

Die Planung sah die Pflanzung von ca. 90 Bäumen mit jeweils 8 Grabstellen auf der großen Freifläche im unteren Friedhofsteil vor (siehe Anlage 1). In der Mitte des Grabfeldes war eine ovale großflächige Blumenwiese vorgesehen. Ein Rundweg umschloss diese Wiese und wurde in nordwest- und südöstlicher Richtung an das Hauptwegenetz angebunden.

Im Jahr 2018 wurden von Seiten der Friedhofsverwaltung im Zusammenhang mit der neuen Gebührenkalkulation verstärkt Bedenken bezüglich der Refinanzierung der Maßnahme vorgetragen. Hinzu kam die Diskussion um einen Bestattungswald in Friedberg-Ossenheim sowie die stark zunehmende „Abwanderung“ von Bestattungen in die Waldfriedhöfe in Rosbach und Wölfersheim -Södel.

Über die Anzahl der Waldbestattungen Friedberger Bürger  gibt es leider keine Statistiken beim städtischen Standesamt bzw. der Friedhofsverwaltung. Die Abwanderung führt jedoch zu einem erheblichen Einnahmeverlust bei gleichbleibenden bzw. steigenden Unterhaltungskosten für Friedhöfe, Trauerhallen und Personal.

 

Als Alternative zur „großen“ Lösung und unter besonderer Berücksichtigung des entstandenen wirtschaftlichen Drucks wird nun von der Verwaltung folgende Lösung vorgeschlagen:

 

a.   Hauptfriedhof:

Auf dem Hauptfriedhof gibt es mittlerweile über den gesamten Friedhof verteilt zahlreiche aufgegebene Einzel- und Doppelgrabstellen, und in zum Teil recht großflächigem Ausmaß. Aus diesem Grund ist die Pflanzung von acht Bäumen in diesen vorhandenen Lücken vorgesehen. Auch hier sollen bis zu acht Grabstellen um einen Baum angeordnet werden, so dass vorläufig 64 Plätze zur Verfügung stehen. Die Urnengräber werden wie im klassischen Urnenfeld vorab von der Friedhofsverwaltung mit einer Randeinfassung aus schwarzen Klinkern versehen (s. Anlage 2 der Vorlage). In diese dürfen die Angehörigen eine Grabplatte ihrer Wahl in anthrazit einlegen. Mit einem Maß von 40 cm x 40 cm ist diese Grabplatte um 10 cm schmäler als das klassische Urnengrab mit 50 cm x 50 cm. Zwischen den Gräbern verbleibt ein Abstand von 90 cm. Es werden nur Einzelurnengräber unter den Bäumen angeboten. Die acht Baumurnen belegen dann eine Fläche von 3,6 Metern x 3,6 Metern.

 

Unter einem Jungbaum sind anonyme Bestattungen möglich. Es wird also auf die Grabplatte und die Umrandung verzichtet.

Als Baumarten wird eine vielfältige Mischung laut beiliegender Liste (siehe Anlage 3 der Vorlage) vorgeschlagen. Es handelt sich hier um verschiedene Ahorn-, Zierkirschen-, Eichen-, Nuss-, Hülsenfrucht- und sog. Fliederblattarten.

Die Flächen werden mit einer Extensivrasenmischung mit Kräutern eingesät und im Jahr je nach Entwicklung drei bis viermal gemäht. Die Grabplatten liegen bodengleich, können also überfahren werden.

In Randbereichen, welche bei Beisetzungen nicht betreten werden, können Wiesenmischungen mit Kräutern verwendet werden.

Daneben wird man auch einen vorhandenen Altbaum auswählen. Auch hier sind dann im randlichen Kronenbereich Urnenbestattungen möglich. Die Urnen werden radial außerhalb des Kronenrandes, mit einem Abstand untereinander von 90 cm, angeordnet.

 

b.   Ortsteilfriedhöfe incl. Fauerbach:

Auf allen Friedhöfen werden zwei Jungbäume mit jeweils acht Urnenplätzen gepflanzt bzw. angelegt. Ein Baum ist anonymer Bestattung vorbehalten. Die Ausführung erfolgt ansonsten analog der auf dem Hauptfriedhof skizzierten.

Auch hier wird jeweils ein Altbaum ausgewiesen. Die Lage der Altbäume ist in den beiliegenden Plänen dargestellt (s. Anlage 4a bis g der Vorlage).

 

Sämtlichen Ortsvorstehern wurden die Planungen im Vorfeld erläutert. Insbesondere in den Stadtteilen stieß der Vorschlag auf breite Zustimmung.

Somit ist auch dem Antrag der SPD im Ortsbeirat Dorheim vom Oktober 2016 Genüge getan, welcher die Errichtung von Baum- und Wiesengrabstätten fordert. In Dorheim wurden mittlerweile drei Blühwiesen mit standortgerechtem Wiesensaatgut angelegt.

 

Kosten:

Auf der Kostenstelle Grabfeld für Baumbestattungen auf dem Hauptfriedhof;  Investitions-Nummer  6.0624.06, stehen noch ca. 220.000 € zur Verfügung. Die jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen kosten für jeden der sechs Ortsteilfriedhöfe (inkl. Friedhof Fauerbach)  ca. 5.000 € und für die Kernstadt ca. 15.000 €. Somit ist mit Gesamtkosten von 45.000 € brutto zu rechnen. Planungskosten entfallen. Die Deckung erfolgt aus der zuvor genannten Investitionsnummer, jetzt auch für die Ortsteile.

Für die bisher erfolgten Planungsarbeiten durch das Landschaftsarchitekturbüro sind Kosten in Höhe von 20.000 € angefallen. Das Büro hat noch einen weiteren Anspruch auf 4.000 € gemäß den eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen für den sog. entgangenen Gewinn.

 

Insgesamt könnten mit dieser Lösung, die nun anders als bei dem ursprünglichen Konzept  auch in den Stadtteilen zum Tragen kommen soll, rd. 150.000,-- EUR eingespart werden. Dies liegt vor allem daran, dass keine zusätzlichen Wegebauarbeiten notwendig sind, sondern die vorhandene Infrastruktur genutzt werden kann.

 

2. Bestattungswald

 

Eine in letzter Zeit zunehmende Form der Bestattung ist eine Bestattung auf einem Waldfriedhof.

 

Die Stadt verfügt über kein eigenes geeignetes Waldgelände. Graf zu Solms-Rödelheim und Assenheim trat vor einiger Zeit an die Stadt mit dem Angebot heran, im Ossenheimer Wäldchen einen Friedwald anzulegen.

 

In der Folgezeit wurden der Verwaltung mehrere Vertragsentwürfe vorgelegt, die mit dem HSGB besprochen wurden. Hierbei ergab sich eine Vielzahl von Fragestellungen, die nicht befriedigend beantwortet werden können.

 

Hierbei spielt zum einen eine Rolle, dass das Gelände in Privateigentum steht und verbleiben soll und damit dem jederzeitigen Zugriff von Gläubigern unterliegt bzw. im Falle einer Insolvenz zur Insolvenzmasse gehört. Auch die grundbuchliche Absicherung durch Eintragung einer Dienstbarkeit ändert daran nichts, da im Falle einer Zwangsvollstreckung Rechte an einem Grundstück nach § 52 ZVG nur ausnahmsweise bestehen bleiben. Ein solcher Ausnahmefall wäre im vorliegenden Fall nicht gegebene. Dann wären Bestattungen gefährdet und die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Ruhefristen nicht mehr gewährleistet.

 

Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass sich die Stadt Friedberg zu ihren eigenen Friedhöfen eine Konkurrenz schafft und die Zahl der Beisetzungen auf den städtischen Friedhöfen abnehmen wird. Damit ist der Ausgleich des Gebührenhaushalts nicht mehr gewährleistet; in der Folge muss es zu Gebührenerhöhungen auf den städtischen Friedhöfen kommen, da der Aufwand für die Unterhaltung der städtischen Friedhöfe unverändert hoch bleibt.

Es ist zwar zu konstatieren, dass bereits jetzt Bestattungen auf den Waldfriedhöfen anderer Gemeinden erfolgen. Dies ist jedoch noch anders zu beurteilen als die Schaffung eigener Konkurrenz, zumal der der Stadt Friedberg angebotene Anteil an den Einnahmen aus den Nutzungsentgelten im Bestattungswald sich auf lediglich 7% zuzüglich der Umsatzsteuer beläuft.

 

Angesichts der veränderten klimatischen Verhältnisse und der Zunahme von Schädlingen muss zudem auch berücksichtigt werden, dass das Ossenheimer Wäldchen bereits jetzt eine hohe Zahl abgängiger Bäume aufweist, insbesondere in dem für die Anlegung des Waldfriedhofs vorgesehenen südwestlichen Teil. Damit scheint die Anlage eines Bestattungswaldes problematisch.

 

Als weiterer Punkt ist die Frage der Erschließung zu bedenken; hier geht es einerseits um die Tatsache, dass die Straße Am Königstuhl zur Biogasanlage durch den Eigentümer der Anlage gemäß Erschließungsvertrag vom 31.10.1994 auf dessen Kosten hergestellt wurde. Andererseits ist fraglich, ob die vorhandene Anbindung von der Bundesstraße zur Straße Am Königstuhl diesen zusätzlichen Verkehr für den Waldfriedhof aufnehmen kann und nicht von Hessen Mobil im Falle der Aufstellung eines Bebauungsplan die erneute Forderung nach Bau einer Linksabbiegerspur erhoben wird, was zu erheblichen Kosten führen würde.

 

Wegen der rechtlichen und tatsächlichen Bedenken sollte von der Schaffung eines kommunalen Waldfriedhofs auf dem Privatgelände des Ossenheimer Wäldchens Abstand genommen werden.