Betreff
Hochwasserschutz in der Kreisstadt Friedberg (Hessen); hier: Sachstandsbericht März 2022
Vorlage
21-26/0151-1
Aktenzeichen
60/4 LE
Art
Mitteilungsvorlage

Die Stadtverordnetenversammlung hat in Ihrer Sitzung am 28.10.2021 einen Beschluss zum Hochwasserschutz-Management der Stadt Friedberg gefasst (siehe Anlage 1).

 

Zu diesem nimmt die Verwaltung wie folgt Stellung:

 

1)      Sachstand der bisher getroffenen Schutzmaßnahmen:

 

Am stärksten betroffen vom Hochwasser der Usa war das Barbaraviertel in der Kernstadt und der östliche Teil Fauerbachs (Im Mühlfeld  / Über dem Wehrbach). Die gesamte Strecke von den 24 Hallen bis zur Kläranlage ist seit 2002 durch die von der Stadt Friedberg errichtete Hochwasserschutzmaßnahme hochwasserfrei.

Bei der Wetter war es der Stadtteil Bruchenbrücken, welcher in der gesamten tieferliegenden Ortslage von verheerenden Überschwemmungen betroffen war. Hier hat der Wasserverband Nidda in den Jahren 2008 und 2009 eine komplette Ausdeichung von Bruchenbrücken errichtet.

Somit gelten die Ortslagen von Fauerbach, Barbaraviertel der Kernstadt und der Ortsteil Bruchenbrücken als hochwasserfrei.

 

Weitere Überschwemmungen der Wetter gab es in Dorheim und in Ossenheim. Diese sind aber im Vergleich zu den Überschwemmungen in der Kernstadt und in Bruchenbrücken moderat ausgefallen.

 

Nach der Verwirklichung der beiden Maßnahmen in der Kernstadt und in Bruchenbrücken gab es keine weiteren Initiativen zum Bau von Hochwasserschutzeinrichtungen in Friedberg -  weder von den Wasserbehörden als Fachaufsicht noch von Seiten der städtischen Verwaltung bzw. der Gremien. Die Hintergründe sind bis heute unverändert und auf der Folgeseite 2 dargelegt.

Im Jahr 2014 erstellte das Regierungspräsidium Darmstadt einen sogenannten Hochwasserrisikomanagementplan (siehe Anlage 2). Die Aufstellung geht auf eine Richtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 2007 zurück, welche im Jahr 2009 in deutsches Recht umgesetzt wurde. Dieser Plan mit allen Anlagen wurde dem Magistrat, den betroffenen Ortsteilen Kernstadt, Dorheim, Bauernheim, Ossenheim, Bruchenbrücken, dem Ausschuss für Bauwesen, Planung und Konversion und der Stadtverordnetenversammlung zum Beschluss vorgelegt. In diesem wird die Aufstellung des Planes begrüßt und auf die fehlerhafte Ausarbeitung für Fauerbach sowie die falsche Zuständigkeit im Hochwasserfall bei Kreis-, Landes- und Bundesstraßen hingewiesen (siehe Anlage 3). Weitergehende Beschlüsse bzw. Anträge wurden nicht gestellt und weitere Hochwasserschutzmaßnahmen für Friedberg auch von der Verwaltung nicht verfolgt.

 

Am 15. November 2021 fand im Rathaus eine Besprechung bezüglich möglicher Hochwasserschutzmaßnahmen an der Wetter in den Ortslagen Ossenheim und Dorheim auf Basis des Hochwasserrisikomanagementplanes  statt. An diesem Termin nahmen Vertreter der Oberen und Unteren Wasserbehörde, des Wasserverbandes Nidda sowie des Amtes für Stadtentwicklung teil.

 

Das Gespräch kann wie folgt zusammengefasst werden:

 

a)    Die bisherigen Überschwemmungen in den Ortsteilen Ossenheim und Dorheim sind moderat verlaufen.

b)    Gefragt ist zunächst jeder einzelne Bürger, wie er sein Eigentum bei den geringen zu erwartenden Wasserständen durch Rückschlagventile in der Abwasserleitung, Fensterschotts für die Kellerfenster etc. schützen kann.

c)    Die Wetter wird von den Wasserbehörden als „langsames Gewässer“ bezeichnet. Es vergehen ca. 2 Tage zwischen dem Auftreten des Hochwassers im Oberlauf und einem Anstieg in Friedberg. Das heißt, dass die technischen Hilfskräfte (Feuerwehr, städtischer Bauhof und THW) genügend Reaktionszeit für Abwehrmaßnahmen haben.

d)    Bei Hochwasser steigt auch das Grundwasser mit an. Man muss sich den Grundwasserspiegel wie einen großen See vorstellen. Schutzmauern haben hier nur einen geringen Einfluss, das heißt, dass Grundwasser nach wie vor in nicht abgedichtete Kellerräume eindringt.

e)    Wassermengen, welche im Oberlauf der Flüsse verdrängt werden, führen automatisch zu einer Verschärfung der Hochwassersituation in den Städten und Siedlungen des Unterlaufs. Daher muss von den Wasserbehörden auch in diesem Zusammenhang eine Abwägung erfolgen.

f)     Großflächige Hochwasserschutzmaßnahmen für Ossenheim und Dorheim werden bereits im Managementplan als technisch sehr aufwendig mit entsprechend hohen Kosten gekennzeichnet. Hier muss eine Abwägung zwischen Aufwand und Schadenspotential erfolgen.

Kleinräumige Schutzmaßnahmen sind in den Maßnahmensteckbriefen zum Hochwasserrisikomanagementplan Nidda dargestellt und können mit geringerem und kostengünstigerem Aufwand umgesetzt werden. Hierbei handelt es sich ausschließlich um den Objektschutz für einzelne private Gebäude. Eine Ausnahme bildet die halbseitige (fragwürdige) Verwallung des Kuhweidweges in Höhe des Wetterbogens im Bereich Spielplatz. (Vergleiche Seite 46 des Hochwasserrisikomanagementplanes).  Eine Höhenaufnahme ist beauftragt, um die Funktionsfähigkeit des Vorschlages zu überprüfen.

Ein weiteres Thema ist die Prüfung von Absperrmöglichkeiten des Hauptkanals im Kuhweidweg an dieser Stelle und die sog. Binnenentwässerung – also die Ableitung des Ab- und Niederschlagswassers aus dem hochwasserfreien Bereich zur Kläranlage bzw. in die Wetter.

g)    Der Wasserverband sieht seinen Schwerpunkt in der Bearbeitung von vorbeugenden Maßnahmen insbesondere in den Außenbereichen der Siedlungen zum Beispiel durch Aufweitung von Retentionsräumen. Maßnahmen in den beiden Friedberger Ortslagen sind nicht geplant. Auch gibt es viele vergleichbare Hochwasserstände in den Anliegerkommunen von Wetter und Nidda. Ein großflächiger Schutz für alle betroffenen ist vom Verband nicht zu leisten.

h)    Der Fördersatz des Landes Hessen für Hochwasserschutzmaßnahmen ist abhängig von den Kosten (es gibt eine Untergrenze, ab wann gefördert wird) und von den geplanten Maßnahmen. (z.B. Neubau von Leit- und Schutzdeichen 20 bis 40 %). 60 bis 80% muss von den Kommunen bzw. dem Wasserverband getragen werden, welcher sich wiederum durch eine kommunale Umlage refinanziert. Die Fördersätze gelten auch für private Maßnahmen aber nur über einen kommunalen Antrag beim Land. Die einzelne Person ist direkt nicht förderberechtigt.

i)      Es gibt keinen Rechtsanspruch der betroffenen Bürger gegenüber der Stadt, dem Wasserverband bzw. dem Land Hessen auf Hochwasserfreilegung

j)     Die Untere und die Obere Wasserbehörde würden die Stadt Friedberg bei der Planung und dem Bau von Hochwasserschutzmaßnahmen unterstützen.

 

Auch an den beiden Bächen Seebach und Straßbach treten Hochwasserereignisse auf. Die Situation hat sich insbesondere durch die großflächige Rodung durch den Borkenkäfer geschädigter Fichtenbestände im Oberlauf der Bäche negativ verändert, da das Niederschlagswasser nicht in den Baumkronen zurückgehalten wird, sondern sofort oberflächlich abfließt. Im letzten Jahr wurde die Bundesautobahn zweimal überflutet. Hierzu wurden Gespräche mit Hessen- und dem Bundesforst geführt. Während der Stadtwald ein Hochplateau bildet, mit entsprechend geringen seitlichen Abflüssen steht der Bundeswald überwiegend in Hanglage. Der Bund hat hier bereits in der Vergangenheit verschiedene Maßnahmen ergriffen und sieht hier leider keine weiteren Möglichkeiten zur Abflussreduzierung.

 

Diese Aussagen des Bundesforstes sehen die Vertreter der Stadt und auch der Wasserbehörden kritisch.

 

Der Reiterhof Marienhof in der Frankfurter Straße ist am Straßbach am stärksten von Hochwasser bedroht. Mit kleineren Maßnahmen (freischneiden des Abflussprofils im Unterlauf, Spülung und Absaugung des Durchlassbauwerks Frankfurter Straße, Verlegung des Gewässerbettes in direkten Zulauf auf das Brückenbauwerk) konnte hier eine leichte Verbesserung erwirkt werden. Erst nach Durchführung des Projektes „100 wilde Bäche“, welches auch den Hochwasserschutz verbessern soll, kann hier mit einer nachhaltigen Verbesserung der Situation gerechnet werden.

 

Ohne Mitwirken des Bundesforstes kann eine grundlegende Verbesserung der Hochwassersituation am Seebach / Leihgraben / Beunebach und am Straßbach nicht erreicht werden.

 

Zu 2) Erstellung einer Fließpfadkarte

 

Mit Email vom 22. Juli 2021 beantragte die Stadt Friedberg beim Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) Fachzentrum Klimawandel und Anpassung die Erstellung einer Fließpfadkarte. Auf mehrmaliges Nachfragen antwortete das HLNUG am 16. Februar 2022, dass unsere Anfrage auf Platz 75 läge und eine Bearbeitung im Laufe des Juli 2022 voraussichtlich erfolgt.

 

Zu 3) Erstellung einer Starkregengefahrenkarte

 

Voraussetzung für die Erarbeitung einer Starkregengefahrenkarte ist die Vorlage der Fließpfadkarte.

 

Zu 4) Weitere Hochwasserschutzmaßnahmen besprechen, planen, umsetzen

 

Voraussetzung ist die Vorlage der Kartenwerke zu 3 und 4

 

Zu 5) Information der Bevölkerung über die Katastrophenhilfe sowie über Eigenschutz-   und Verhaltensmaßnahmen bei Hochwasser

 

Eine flächendeckende Informationsweitergabe an die Bevölkerung ist erst nach Vorlage der Grundlagenerhebungen Fließpfadkarte und Starkregengefahrenkarte möglich. Für den Katastrophenschutz ist das Amt für Öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständig.

 

Die Bearbeitung und Umsetzung des Stadtverordnetenbeschlusses zum Hochwasserschutz-management in Friedberg wird leider durch die mangelnde Leistungsfähigkeit der HLNUG ausgebremst.