Betreff
Straßennamen im Neubaugebiet„Am Steinern Kreuz“, Gemarkung Friedberg, Flur 36, Bebauungsplan Nr. 81, hier: Vorschlag, eine Straße nach Heinrich Ehrmann zu benennen
Vorlage
11-16/0724
Art
Beschlussvorlage

Beschlussentwurf:

 

Eine Straße im Neubaugebiet „Am Steinern Kreuz“, Gemarkung Friedberg, Flur 36, Bebauungsplan Nr. 81, wird nach Heinrich Ehrmann, benannt.


Sach- und Rechtslage:

 

40 Jahre, von 1884 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1924, prägte der jüdische Lehrer und Historiker Heinrich Ehrmann die Geschicke der jüdischen Gemeinde Friedberg. Da die jüdische Gemeinde seit dem Tod ihres letzten Rabbiners im Jahr 1841 keinen Rabbiner mehr einstellen konnte, erfüllte Lehrer Ehrmann dessen Aufgaben im religiösen , im schulischen und im rituellen Leben.

 

Er zeichnete für die Durchführung der Synagogengottesdienste, für die rituellen Handlungen und für den Unterricht der jüdischen Kinder verantwortlich. Zudem war er zusammen mit dem gewählten Gemeindevorstand in der Leitung der Gemeinde tätig und galt in der Friedberger Gemeinde als unbestrittene „geistige Autorität“. Ehrmann, ein Vertreter der orthodoxen Richtung des deutschen Judentums, initiierte aber auch die Rückbesinnung auf die historischen Traditionen der früheren Gemeinde. Am Rückkauf des Judenbades 1892 durch die Gemeinde war er maßgeblich beteiligt. Er arbeitete vor allem als Pädagoge, der Religion, Hebräisch und später auch Mathematik in der Gemeinde, an den Friedberger Schulen und als Dozent am Polytechnikum unterrichtete. Darüber hinaus war er von 1906 bis 1917 Redakteur der pädagogischen Beilage Erziehung und Leben der orthodoxen jüdischen Wochenzeitung Der Israelit, 1892 Gründer des Vereins für jüdische Geschichte und Altertümer in Friedberg und der Wetterau, 1896 Mitbegründer des Friedberger Geschichtsvereins, dessen Ehrenmitglied er 1928 wurde, vom Land Hessen ernannter Denkmalpfleger und über 20 Jahre lang Vorsitzender des unabhängigen jüdischen Lehrervereins in Hessen.

 

Wie sehr der bekennende Jude und überzeugte Deutsche das Gewicht der jüdischen Gemeinde gegenüber der nichtjüdischen Umwelt gemehrt hatte und welches Ansehen er selber als hochgeachtete Persönlichkeit genoss, zeigte sich nach seinem Tod am 10. September 1931. In der Presse erschienen zahlreiche Nachrufe und an der Gedenkfeier in der Friedberger Synagoge nahmen Vertreter der Stadt Friedberg, der Geistlichkeit beider Konfessionen sowie auswärtige Delegationen der Lehrerschaft teil. Ehrmanns Grabstein auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof an der Ockstädter Straße fiel der Nazi-Barbarei zum Opfer. Es ist nach Meinung des Stadtarchivs daher nur folgerichtig, dass künftig, wie es Hans-Helmut Hoos in seinem Aufsatz über Ehrmann in Band 61/2012 der Wetterauer Geschichtsblätter schreibt, ein Straßenname an seine „außerordentlichen Verdienste um die Rettung der Mikwe und die Erforschung und Bewahrung der jüdischen Geschichte Friedbergs, die er immer als einen untrennbaren Bestandteil der deutschen Kultur und Geschichte begriffen hat sowie an sein erfolgreiches Bemühen um die Gleichberechtigung der jüdischen Lehrer in Hessen und in Deutschland,“ erinnert.

 

Das Amt für soziale und kulturelle Dienste und Einrichtungen, vertreten durch das Stadtarchiv, schlägt daher angesichts der Verdienste des Genannten vor, eine Straße im Neubaugebiet „Am Steinern Kreuz“, Gemarkung Friedberg, Flur 36, Bebauungsplan Nr. 81, nach Heinrich Ehrmann zu benennen.