Betreff
22. Änderung des Flächennutzungsplanes (Bereich Germaniabrunnen in Dorheim) der Stadt Friedberg in Verbindung mit dem Bebauungsplan Nr. 53 "Germaniabrunnen" in Friedberg - Dorheim
Vorlage
11-16/0405
Aktenzeichen
60/1-Ks/mö
Art
Beschlussvorlage

Beschlussentwurf:

 

I)              Das durch den Änderungsbeschluss vom 15.Mai 2008 begonnene Verfahren zur „22. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Friedberg“ (für den Bereich des Bebauungsplanes Germaniabrunnen in Friedberg, Stadtteil Dorheim)  wird eingestellt. (S. Anlage 1 Geltungsbereich der 22. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Friedberg)

II)             Seitens der Stadt Friedberg wird für den ehemaligen vorgesehenen Geltungsbereich der „22. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Friedberg“ beim Regionalverband kein Antrag auf Änderung des Regionalplans Südhesssen/Regionaler Flächennutzungsplan gestellt.

III)            Das mit dem Aufstellungsbeschluss vom 15.Mai 2008 begonnene Bebauungsplanverfahren Nr. 53 „Germaniabrunnen“ in Friedberg, Stadtteil Dorheim, wird unter Berücksichtigung der  Beschlüsse zu I) und II) mit reduziertem Geltungsbereich weitergeführt. Die hierfür erforderliche Abstimmung des möglichen Geltungsbereiches ist mit dem Eigentümer durchzuführen.

 


Sach- und Rechtslage:

 

1.1 Vorbemerkung zum Verfahren 2008

Die (damalige) Wetterauer-Getränke-Industrie GmbH in Friedberg Dorheim beabsichtigte, ihren Betrieb räumlich zu erweitern, wobei insbesondere Palettenlagerflächen für Leergut und eine neue Lagerhalle für Leer- und/oder Vollgut sowie ggf. zur Leergutsortierung benötigt wurden.

Das Projekt wurde damals wie folgt begründet:

Das ungünstige Verhältnis zwischen Hallenflächen und nicht überdachten Betriebsflächen (Verkehrs- und Lagerflächen) sowie der stetig steigende Geschäftsumfang der Gruppe Wetterauer Getränke erforderten laut damaliger Aussage der Firmenleitung eine Ausweitung des Hofraumes, sowohl bei der Mineralwasserproduktion als auch bei der Getränke Logistik.

Das Volumen in der Mineralwasserproduktion war in den letzten Jahren vor 2008 von 50 Mio. Flaschen pro Jahr auf im Jahre 2008  90 Mio. Flaschen gestiegen. Es bestanden damals  Vertragsoptionen im Hause für eine Steigerung auf 140 Mio. Flaschen pro Jahr.

(Die entsprechenden erweiterten Wasserrechte waren damals seitens der WGI beantragt und wurden in Vorgesprächen mit dem HLUG damals positiv in Aussicht gestellt).

 

Darüber hinaus verhandelte der Betrieb damals mit einem neuen Geschäftspartner über eine exklusive Partnerschaft zur Lieferung von Produkten für den Großraum Rhein/Main. Daraus sollte sich eine Steigerung des Handelswarenvolumens um ca. 25 % (ausgehend von bis dahin  22 Mio. auf dann etwa 27 Mio. Kisten Auslieferung pro Jahr) ergeben.

 

Vor dem Hintergrund dieses dargestellten Wachstumsszenarios des Unternehmens war es geboten, Verkehrs- und Lagerflächen zu erweitern. Die Sortierung und Bereithaltung von sortiertem Mehrwegleergut musste verlagert werden, um Platz für die Bevorratung und Verladung von Vollgut, sowohl Mineralwasser als auch Handelsware schaffen zu können. Die Betriebsabläufe zwischen der Wetterauer Getränke Industrie, dem Bad Nauheimer Mineralbrunnen und der Wetterauer Getränke Logistik waren innerbetrieblich so verzahnt, dass sie notwendigerweise auf einem zusammenhängenden Betriebsgelände stattfinden mussten. Ein Ausweichen der Leergutströme auf externe Flächen war laut Aussage der Betriebsleitung definitiv nicht möglich.

Als einzige Erweiterungsmöglichkeit am Standort des Betriebes kamen nur die Flächen südlich der Kreisstraße 175 zwischen dem bestehenden Betrieb und der Gemarkungsgrenze nach Schwalheim infrage; eine räumliche Trennung von Lagerflächen und Betriebsgebäuden war betriebswirtschaftlich unmöglich.

Des Weiteren sollte das bereits bebaute alte Betriebsgelände des Germaniabrunnens mit einbezogen werden,  weil auch dort bauliche Veränderungen vorgenommen werden sollten und vor allem die Zufahrt zum geplanten südlichen Erweiterungsgelände nur über die Flächen des bestehenden Germaniabrunnengeländes erfolgen konnte. (s. Anlage 2:Städtebaulicher Vorentwurf des Bebauungsplanes Nr. 53 „Germaniabrunnen“)

 

1.2 Rahmenbedingungen

Eine solche vorgesehene Betriebserweiterung am vorhandenen Standort in Dorheim war auf Grund der vorhandenen Rahmenbedingungen nur in Richtung Westen möglich

 

Die Flächen befanden sich jedoch in verschiedenen Schutzgebieten                      (Überschwemmungsgebiet der Wetter, Landschaftsschutzgebiet, Regionaler Grünzug, Heilquellenschutzgebiet).

Um grundsätzlich abzuklären, ob in diesem sensiblen Bereich eine solche Planung verwirklicht werden könnte, wurden damals im Vorfeld Behördentermine unter Teilnahme eines Vertreters der Wetterauer Getränke GmbH  durchgeführt.

In einer damaligen Stellungnahme des RP (Abtlg. Regionalplanung, Febr.2008) bezüglich der Lage innerhalb der festgestellten Überschwemmungsfläche der Wetter  wurde festgestellt, dass die Ausnahmevoraussetzungen des § 31b, Abs.4 Satz 2 WHG (Wasserhaushaltsgesetz) vorliegen, weil „ …… keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können“(wg. der Standortbindung durch die Mineralwasserabfüllung vor Ort).

 

Bezüglich der Herausnahme der Fläche aus dem Landschaftsschutzgebiet (LSG) wurde nach weiterer Prüfung von Alternativflächen durch die Wetterauer Getränke GmbH und den RP (Obere Naturschutzbehörde) eine Herausnahme der Fläche aus dem LSG in Aussicht gestellt. (Anmerkung: dieses Verfahren ist zwischenzeitlich durch Herausnahme der Fläche im Rahmen der „8. Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Auenverbund Wetterau“ vom 29.Juni 2009“  abgeschlossen).

 

1.3  Verkehr/Erschließung

Durch den für die Erweiterung vorgesehenen Bereich verläuft die Trasse der (zum damaligen Zeitpunkt geplanten) B 455, Ortsumgehung Dorheim. Zur Erschließung der Betriebsfläche im Bereich des alten Germaniabrunnens und der vorgesehenen Erweiterungsflächen sollten 2 Unterfahrungen der neuen B 455 erfolgen: eine Unterfahrung im Bereich des Brückenbauwerkes über die K 175 und eine zweite Unterfahrung im Bereich des Brückenbauwerkes über die Wetter.

 

Im Rahmen eines frühzeitigen Behördentermins wurden diese Maßnahmen mit dem ASV Gelnhausen und der Polizei abgestimmt. Seitens des ASV wurde eine Zustimmung signalisiert, mit der Maßgabe, dass hierzu unabhängig von der erforderlichen Bauleitplanung separate Verträge zwischen dem ASV und der Wetterauer Getränke GmbH abgeschlossen werden müssen.

 

1.4   Flächennutzungsplan

Im damaligen Flächennutzungsplan der Stadt Friedberg war die Erweiterungsfläche  südlich der Fläche des alten „Germaniabrunnens“ als „Grünland“ dargestellt. Für diesen Bereich wurde eine Änderung des Flächennutzungsplanes erforderlich.

Dieses notwendige Änderungsverfahren (Änderungsbeschluss Mai 2008) sollte parallel zum Bebauungsplanverfahren als 22. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Friedberg durchgeführt werden (s. Anlage 1).

 

(Die Fläche des alten Germaniabrunnengeländes selbst war im Flächennutzungsplan bereits als „Gewerbliche Baufläche – Bestand dargestellt“.)

 

1.5 Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 53 „Germaniabrunnen“ Mai 2008

 

Der Aufstellungsbeschluss wurde am 15. Mai 2008 gleichzeitig mit dem Beschluss zur 22. Änderung des Flächennutzungsplanes gefasst.

In der Zeit vom 09.06.2008 bis zum 13.06.2008 wurde mit einem städtebaulichen Vorentwurf (s. Anlage 2) die Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt  - bis zum 20.06.2008  die Beteiligung der TöB gem. § 4 (1) BauGB

 

Vor der Erstellung des qualifizierten Bebauungsplanentwurfes  mussten noch diverse Fragen/Probleme geklärt werden:

 

-          Lage des Plangebietes im Überschwemmungsgebiet der Wetter

-          Lage im Auenverbund (Zwischenzeitlich wurde diese Fläche aus dem Auenverbund herausgenommen …..)

-          Unterfahrung der neuen B 455 – Ortsumgehung Dorheim

-          Kompensationsproblematik

 

Zur Klärung dieser Fragen sollte die WGL alle erforderlichen Planungen und Untersuchungen durchführen und abstimmen.

 

Kompensation

Hinsichtlich der Ausgleichs-/Kompensationsproblematik (sehr großes Defizit, weil neben den hochwertigen Flächen aus Auenverbund und Überschwemmungsgebiet auch teilweise Flächen, die bereits als Kompensationsflächen für andere Maßnahmen hergestellt wurden, in die gewerbliche Nutzung zurück geführt werden sollten) wurde unter Mitwirkung der UNB entschieden, dass Ökopunkte von der WGL bei der OVAG im Bereich des Hofgutes Grass erworben werden sollen, da entsprechend große Kompensationsflächen im Bereich der Stadt Friedberg nicht vorhanden sind.

 

Zusätzliche Werkszufahrt westlich der OU

Abweichend von der ursprünglichen Planung wurde im weiteren Verlauf der Voruntersuchungen die Einrichtung einer weiteren Werkszufahrt westl. der OU Dorheim angestrebt. Besprechungen hierzu  haben mit dem ASV stattgefunden  (Juni 2009).

Das Baurecht für eine 2. Zufahrt mit Linksabbiegespur sollte nicht durch Aufnahme in den Bebauungsplan geschaffen werden, weil die Flächen für die Linksabbiegespur sich teilweise auf Bad Nauheimer Gemarkung befinden.

Es sollte das Verfahren „Unterbleiben der Planfeststellung“ durchgeführt werden – die Planung, die Kosten und die Vorabstimmung mit Bad Nauheim sollten von der WGL unter Beteiligung der Stadt Friedberg durchgeführt werden.

Die bestehende alte Zufahrt zum Gelände des Germaniabrunnen sollte stattdessen entfallen. (s. Anlage 3: Zusätzliche Zufahrt mit Linksabbiegespur).

 

1.6 Erstellung des qualifizierten Bebauungsplanes

 

Nach den diversen Vorgesprächen zu den unterschiedlichen Problemen hätte die WGL über ihren beauftragten Planer die abgestimmten Planungen und Untersuchungen  vorlegen sollen, die dann im Ergebnis als Festsetzungen in einen qualifizierten Bebauungsplanentwurf aufgenommen worden wären. Dieser Arbeitsschritt ist jedoch ins Stocken geraten, sodass bis heute keine schlüssigen Lösungen für die verschiedenen Probleme vorgelegt worden sind und deshalb auch bislang kein qualifizierter Bebauungsplanentwurf erstellt werden konnte um das Bauleitplanverfahren weiterzuführen. (Die letzten Verfahrensschritte waren: die Durchführung der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit vom 09.06.2008 bis 13.06.2008 und im Mai 2008 die Unterrichtung der Behörden gem. § 4 Abs. 1 BauGB jeweils mit dem städtebaulichen Vorentwurf).

 

1.7 Änderung der Rahmenbedingungen

Ende 2011 ist ein von der Firma Oskar Dietrich GmbH&Co.KG. neu beauftragtes Planungsbüro auf die Stadt Friedberg zugekommen um die Planung weiterzuführen.

 

Innerhalb der verstrichenen Zeit haben sich die Rahmenbedingungen für diese Bauleitplanverfahren (Änderung FNP und Aufstellung des Bebauungsplanes) jedoch wesentlich geändert:

 

1.7.1 Betriebliche Änderung

Der gesamte Betrieb der WGL vom Logistikunternehmen Trink’s übernommen. Die Grundstücke verblieben im Eigentum der Fa. Dietrich GmbH&Co.KG, die Immobilie wurde langfristig gepachtet und das gesamte Inventar gekauft.  Anfang 2010 wurde von der Fa. Trink’s der Betriebszweig „Bad Nauheimer Mineralquellen“ geschlossen und rd. 50 Mitarbeiter entlassen. Die Getränkeabfüllanlagen wurden mittlerweile demontiert. Derzeit fungiert die Fa. Trink’s am Standort Dorheim nur noch als Distributions-/Logistikunternehmen.

Die Argumentation für eine Betriebserweiterung, nämlich dass sie auf Grund der Mineralwasserabfüllung zwingend an diesem Standort erfolgen müssen, ist damit nicht mehr gegeben und die Bereitschaft der Unterstützung der beteiligten Behörden, in diesen sensiblen Landschaftsbereich einzugreifen, äußerst erschwert. Die Frage nach Alternativstandorten zu suchen stellt sich dadurch erneut.

 

1.7.2 Flächennutzungsplan/ Regionaler Flächennutzungsplan 2010

Seit Oktober 2011 ist der Regionale Flächennutzungsplan rechtswirksam. Eine erforderliche Änderung der bestehenden Darstellungen des Regionalen Flächennutzungsplanes von  „Vorranggebiet für Natur und Landschaft“, „Ökologisch bedeutsame Flächennutzung mit Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft“, „Vorranggebiet Regionaler Grünzug“ und „Vorhaltsgebiet für besondere Klimafunktionen“ zu neu: „Gewerbliche Baufläche“ kann nicht mehr von der Stadt Friedberg selbst sondern muss vom Regionalverband als Änderungsverfahren durchgeführt werden.

Die Neudarstellung von gewerblichen Bauflächen im Rahmen eines RegFNP-Änderungsverfahrens setzt den Verzicht von gewerblicher Bauflächen an anderer Stelle im Gemeindegebiet voraus (im vorliegenden Fall ca. 2,8 ha).

Sollte ein Änderungsverfahren des RegFNP durchgeführt werden muss die Stadt Friedberg diese Änderung beim Regionalverband beantragen und muss Angaben dazu machen, an welcher Stelle des Gemeindegebietes eine Rücknahme des Gewerbeflächenpotentials zu Gunsten der Neudarstellung im Bereich der Flächen südlich des bestehenden Germaniabrunnens vorgenommen werden kann. Planerisch würde die Rücknahme einer Gewerbefläche an anderer Stelle des Gemeindegebietes in einem 2. Geltungsbereich abgesichert werden.

Laut Aussage des Planungsverbandes (Gespräch beim Planungsverband am 03.07.2012) „ist aus Landschafts- und umweltplanerischer Sicht eine weitere Ausweitung von gewerblicher Baufläche in den Auenbereich der Wetter hinein aufgrund der Vielzahl kritischer und restriktiver Aspekte nach derzeitigem Kenntnisstand abzulehnen“.

Im Rahmen des gleichen Besprechungstermins erläutert das Regierungspräsidium folgendes: „durch die geänderte Nutzungssituation ist die Argumentation im Hinblick auf die Notwendigkeit der Flächenerweiterung an diesem Standort neu zu bewerten. Gerade im Hinblick auf den Nachweis der fehlenden Standortalternativen und der Standortgebundenheit der Nutzung, der die Voraussetzung bspw. für die Zulassung der Bauleitplanung innerhalb eines Überschwemmungsgebietes darstellt, ist die Bauleitplanung nun deutlich kritischer zu bewerten. Darüber hinaus darf der erforderliche, erhebliche naturschutzrechtliche Ausgleich nur in Plangebietsnähe und nur innerhalb des Regionalen Grünzuges erfolgen. Die frühere Überlegung, Ökopunkte z.B. von der OVAG, zu erwerben, scheidet damit aus.“

 

1.8 Weiteres Vorgehen

 

1.8.1  „22. Änderung des Flächennutzungsplanes“

Grundsätzlich muss das von der Stadt Friedberg begonnene Verfahren zur „22. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Friedberg“ (Änderungsbeschluss vom 15.Mai 2008) wegen der Rechtswirksamkeit des Regionalen Flächennutzungsplanes förmlich aufgehoben werden.

 

1.8.2 Regionaler Flächennutzungsplan

 

Aufgrund der vorgenannten Problematik und der geringen Aussicht auf Erfolg wird von der Stadt Friedberg keine Änderung des Regionalen Flächennutzungsplanes für den Bereich südlich des Germaniabrunnens in Dorheim beantragt.

Dadurch wird der durch die Böschung der B455 und das Auwäldchen abgerundete neue Ortsrand in diesem Bereich nicht durch ein gewerbliches Bauvorhaben verändert und der landschaftlich sensible Bereich   geschützt.

 

1.8.3 Weiterführung des Bebauungsplanverfahrens Nr. 53 „Germaniabrunnen“

 

Die Weiterführung des Bebauungsplanes kann nur mit verringertem Geltungsbereich durchgeführt werden. Planerische Lösungsmöglichkeiten müssen mit dem Betrieb/Planungsbüro beraten werden. Unter Umständen bietet sich längerfristig die Möglichkeit eines Alternativstandortes (Kasernenbereich) an.