Betreff
4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 5 „Giessener Straße“ in Friedberg - Kernstadt 1. Aufstellungsbeschluss 2. Beschluss zur Durchführung und Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 (1) BauGB und Beteiligung der Behörden gemäß § 4 (1) BauGB
Vorlage
11-16/0404
Aktenzeichen
60/1-Bf
Art
Beschlussvorlage

Beschlussentwurf:

1.     Der Bebauungsplan Nr. 5 „Gießener Straße“ wird für den im Lageplan (Anlage 1) dargestellten Geltungsbereich (Flur 7, Flurstücke 2/20 und 2/21) im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB geändert. Das Planverfahren erhält die Bezeichnung „4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 5 „Gießener Straße“ in Friedberg/ Hessen.

 

2.     Mit dem vorliegenden Plankonzept (Anlage 2) sowie dem Entwurf einer Begründung (Anlage 3) wird die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 1 BauGB sowie die Unterrichtung der Behörden gem. § 4 Abs. 1 BauGB durchgeführt.

 


Sach- und Rechtslage:

I.  Anlass und Ziel der Planung/ Auswirkungen:

 

Anlass der Planung sind Überlegungen des Grundstückseigentümers den bestehenden Expert-Markt zu vergrößern. Geplant ist eine Vergrößerung der Verkaufsfläche um ca. 257 m². Die im Bebauungsplan festgesetzte max. Verkaufsfläche von 1.800 m² wird dadurch überschritten. Ebenfalls überschritten wird die derzeit festgesetzte Baugrenze und durch die Erweiterung der notwendigen Stellplätze auch die festgesetzte Grundflächenzahl gem. § 19 Abs. 4 BauNVO. Zur Umsetzung der Planung ist eine Änderung des Bebauungsplans erforderlich.

 

Die geplante Vergrößerung des expert-Marktes soll die Wettbewerbssituation verbessern und den Bestand des Marktes sichern.

 

Vor Einleitung des Verfahrens zur Bebauungsplan - Änderung wurde zunächst die städtebauliche und versorgungsstrukturelle Verträglichkeit des Vorhabens durch ein Gutachten der GMA – Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung, Köln, geprüft. Im Vordergrund standen dabei

·   die Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung in Friedberg und im Umland (v.a. Bad Nauheim)

·   Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in Friedberg und im Umland

·   Auswirkungen auf die Ziele der Raumordnung und Landesplanung gem. Regionalplan und Einzelhandelserlass

 

Nach dem Ergebnis des Gutachtens sind durch die nur geringfügige Vergrößerung der Verkaufsfläche keine negativen städtebaulichen Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche sowohl in Friedberg als auch im Umland (u.a. Bad Nauheim) zu erwarten. Das Gutachten kommt zu den städtebaulichen Auswirkungen zu folgendem Fazit:

           

              4. Städtebauliche Auswirkungen

Bei der Bewertung der absatzwirtschaftlichen Auswirkungen (= Umsatzumverteilungen) von Einzelhandelsvorhaben ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen Wettbewerbswirkungen und möglichen städtebaulichen oder versorgungsstrukturellen Beeinträchtigungen. Wettbewerbliche Wirkungen können zwar zu – ggf. befristeten – Beeinträchtigungen von Betrieben in der Leistungsfähigkeit führen; das interkommunale Abstimmungsgebot gemäß § 2 Abs. 2 BauGB schützt jedoch nicht den bestehenden Einzelhandel in den Nachbarkommunen vor Konkurrenz. Es geht hierbei vielmehr darum, zu bewerten, ob sich die Ansiedlung eines Einzelhandelsvorhabens negativ auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung in der Nachbarkommune auswirkt (vgl. hierzu die Urteile des OVG Münster vom 06.06.2005, 10 D 145/04.NE und 10 D 148/04.NE).

 

Zur Ableitung möglicher städtebaulicher und versorgungsstruktureller Auswirkungen wird vor der Rechtsprechung bzw. in der Verwaltungspraxis häufig ein Schwellenwert von 10 % Umsatzumverteilung angesetzt. In jüngster Zeit findet jedoch diesbezüglich ein Umdenken statt; so reicht das alleinige Abstellen auf die voraussichtlichen Umsatzumverteilungsquoten zur Bewertung möglicher Auswirkungen eines Einzelhandelsvorhabens auf einen zentralen Versorgungsbereich nicht aus. Vielmehr sind hier im Einzelfall auch andere Kriterien wie beispielsweise die konkrete städtebauliche Situation der möglicherweise betroffenen zentralen Versorgungsbereiche zu berücksichtigen (vgl. Urteile OVG Münster vom 11.12.2006, 7 A 964/05 und Bundesverwaltungsgericht vom 11.10.2007, 4 C 7.07).

Aus gutachterlicher Sicht ist zu ergänzen, dass schon bei Umverteilungsquoten von unter 10 % städtebauliche Beeinträchtigungen eintreten können, wenn z. B die Schwächung wesentlicher Magnetbetriebe eines zentralen Versorgungsbereiches zu prognostizieren ist. Gleichzeitig müssen aber bei Umverteilungen von über 10 % nicht zwangsläufig negative städtebauliche Auswirkungen auftreten. Das Umschlagen wettbewerblicher in städtebauliche Effekte ist abhängig von der Leistungsfähigkeit der betroffenen Betriebe, deren Funktion innerhalb eines Zentrums (z. B. Magnetbetrieb) sowie der Stabilität der betroffenen Lage. In die Bewertung ist darüber hinaus die Bedeutung der jeweiligen Branche für das Zentrum (z. B. Leitbranche, ergänzendes Sortiment) einzustellen.

 

Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass von den durch das Erweiterungsvorhabenausgelösten Umsatzumverteilungswirkungen in erster Linie sog. Systemwettbewerber, d. h. andere Elektrofachmärkte betroffen sein werden. Außerdem werden auch die Spezialabteilungen der Kaufhäuser sowie die Facheinzelhändler und Handyläden in untergeordneter Form mit Umsatzverlusten zu rechnen haben. Jedoch werden die Fachanbieter auf Grund ihrer Spezialisierung und ihrer starken Serviceorientierung weniger stark betroffen sein als die direkten Systemwettbewerber gleichen Branchentyps, sodass sich die  Umsatzumverteilungswirkungen bei diesen Anbietern generell auf niedrigerem Niveau bewegen werden. Da die diesbezüglichen Betriebe bzw. Sortimente z. T. innenstadtprägend sind, liegt aus städtebaulicher Sicht eine Schutzwürdigkeit im Sinne des Bau- und Planungsrechtes vor.

 

Im Folgenden werden die durch das Planvorhaben hervorgerufenen Umsatzumverteilungen hinsichtlich der möglichen städtebaulichen und versorgungsstrukturellen Auswirkungen bewertet.

 

  • Gegenüber den projektrelevanten Anbietern in der Innenstadt von Friedberg werden Umverteilungswirkungen in Höhe von insgesamt ca. 5 % bzw. knapp 0,2 Mio. € wettbewerbswirksam. Diese verteilen sich auf eine Reihe von Anbietern mit Sortimentsschwerpunkt im Telekommunikationsbereich sowie der Randsortimentsfläche des Kaufhauses Joh. Die ermittelten Wettbewerbswirkungen werden, bezogen auf einzelne Betriebe, jeweils nur geringe absolute Umsatzumverteilungen hervorrufen, aus deren Höhe keine wesentlichen einzelbetrieblichen Schwächungen abzuleiten sind. Darüber hinaus übernehmen die bestehenden Mobilfunkanbieter und die Randsortimentsfläche des Kaufhauses Joh keine strukturprägende Bedeutung für die Friedberger Innenstadt. Ein Umschlagen in negative städtebauliche oder versorgungsstrukturelle Auswirkungen infolge einer Verkaufsflächenerweiterung des Expert-Marktes am Standort Dieselstraße kann gutachterlicherseits ausgeschlossen werden.

 

  • An den dezentralen Standorten Gewerbegebiet West und Industriegebiet Süd werden im Elektrowarensegment Umverteilungswirkungen in Höhe von ebenfalls bis zu 5 % (ca. 0,2 Mio. €) ausgelöst. Die ermittelten Umverteilungen werden v. a. zu Lasten der bestehenden Fachanbieter (u. a. Elektrohaus Schroeder, Elektrofachmarkt Häller) mit hoher Serviceorientierung gehen. Aus der Höhe der möglichen Umsatzumverteilungswirkungen ist abzuleiten, dass die bestehenden Betriebe lediglich in geringem Maße tangiert werden und somit keine einzelbetriebliche Gefährdung besteht. Zu den Auswirkungen gegenüber den genannten Wettbewerbern ist außerdem anzumerken, dass diese in Gewerbegebietslagen der Stadt Friedberg ansässig sind, welche grundsätzlich nicht als schützenswert i. S. des Baugesetzbuches gelten. Die dargestellten Umsatzumverteilungen stellen reine Wettbewerbswirkungen außerhalb des Hauptgeschäftsbereiches der Friedberger Innenstadt dar.

 

  • In Zone II a des definierten Einzugsgebietes bestehen keine Systemwettbewerber zum projektierten Expert-Markt. Dort sind ausschließlich kleinteilig strukturierte Facheinzelhändler oder Spezialanbieter vorhanden, die aufgrund ihrer starken Serviceorientierung, ihrer Spezialisierung, ihrer Reparaturtätigkeiten und Beratungsleistungen v. a. Stammkunden ansprechen, welche nur bedingt im Wettbewerb mit Elektrofachmärkten stehen, so dass voraussichtlich keine Umverteilungswirkungen eintreten werden. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Ortskerne der umliegenden Kommunen sind kann somit ausgeschlossen werden.

 

  • In Zone II b des betrieblichen Einzugsgebietes sind nennenswerte Wettbewerbsauseinandersetzungen mit projektrelevanten Angebotsstrukturen v. a. innerhalb dezentraler Standortlagen zu erwarten. Insgesamt ist von Umsatzumverteilungswirkungen in Höhe von max. 0,5 Mio. € auszugehen was einer Umverteilungsquote von ca. 6 – 7 % entspricht. Während einige Anbieter (u. a. Toom Baumarkt, Rewe Center) Elektrowaren lediglich auf kleineren Teilflächen anbieten und somit nur in untergeordneter Form im Wettbewerb mit dem erweiterten Expert-Markt in Friedberg stehen, wird der überwiegende Anteil der Umverteilungswirkungen gegenüber dem Systemwettbewerber ProMarkt im Gewerbegebiet „In den langen Morgen“ in der nördlichen Nachbarstadt Bad Nauheim wirksam. Unter Berücksichtigung des frequentierten Standortes mit weiteren großflächigen Einzelhandelsnutzungen (Rewe Center, toom Baumarkt) im direkten Umfeld ist dieser infolge der projektierten Verkaufsflächenerweiterung von rd. 250 m² jedoch nicht in seinem Bestand gefährdet. Die Höhe der ermittelten Umverteilungswirkungen können aus gutachterlicher Sicht kompensiert werden. Unabhängig von der Höhe möglicher Wettbewerbswirkungen ist darüber hinaus anzumerken, dass der betroffene Betrieb außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches ansässig und folglich nicht als schützenswert i. S. des Baugesetzbuches gilt. Die dargestellten Umsatzumverteilungen stellen reine Wettbewerbswirkungen außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches dar.

 

  • Gegenüber bestehenden Angebotsstrukturen innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches Innenstadt Bad Nauheim sind nur äußerst geringe Umverteilungswirkungen zu erwarten. Diese bewegen sich bei absoluter Betrachtung am Rande einer rechnerischen Nachweisgrenze (insgesamt deutlich unter 0,1 Mio. €). Aus der geringen Höhe der Wettbewerbswirkungen können weder städtebauliche noch versorgungsstrukturelle Auswirkungen abgeleitet werden.

 

  • Die ermittelten Umverteilungswirkungen in Höhe von ca. 0,3 Mio. €, welche außerhalb des abgegrenzten Einzugsgebietes wirksam werden, verteilen sich auf eine größere Anzahl von Wettbewerbern in der Region (u. a. Frankfurt), so dass hier keine nennenswerten Auswirkungen i. S. von städtebaulichen Beeinträchtigungen gegenüber bestehenden Einzelhandelslagen abzuleiten sind.

 

Zusammenfassend kann die geplante Erweiterung des Expert-Marktes hinsichtlich der städtebaulichen und versorgungsstrukturellen Auswirkungen als verträglich eingestuft werden. Die zu erwartenden Umsatzumverteilungswirkungen konzentrieren sich v. a. auf Wettbewerber an dezentralen Standortlagen. Gegenüber den zentralen Versorgungsbereichen in Friedberg sowie den benachbarten Städten sind nur geringe bzw. rechnerisch nicht nachweisbare Umsatzumverteilungen zu prognostizieren; aufgrund der geringen Größenordnung möglicher Wettbewerbswirkungen sind negative städtebauliche oder versorgungsstrukturelle Beeinträchtigungen auszuschließen.“

 

Das vollständige Gutachten liegt im Stadtbauamt Friedberg vor.

 

 

II. Planungskonzept:

 

Der Bauherr plant den bestehenden Expert-Markt durch einen westlichen Anbau mit den Abmessungen Länge 37,20 x Breite 7,50 m und einem kleineren östlichen Anbau mit den Abmessungen Länge 11,90 m x Breite 5,90 m zu erweitern. Die geplante Verkaufsfläche erhöht sich dadurch um ca. 300 m² auf insgesamt fast 2.100 m².

 

Durch die Erweiterung der Verkaufsfläche müssen gem. Stellplatzsatzung der Stadt Friedberg zusätzliche Stellplätze auf dem Grundstück nachgewiesen werden. Der Nachweis von zusätzlichen Stellplätzen soll im nördlichen Bereich des Grundstücks im Anschluss an den bestehenden Parkplatz erfolgen. Die Fläche wird momentan als private Gartenfläche des Grundstückseigentümers genutzt. Da der betreffende Grundstücksbereich im bestehenden Bebauungsplan bereits als überbaubare Grundstücksfläche bzw. als Fläche mit besonderer Zweckbestimmung (für betriebsbedingte Verkehrsflächen und Stellplätze) festgesetzt ist, sind hier weder eine Änderung des Bebauungsplans noch ein naturschutzrechtlicher Ausgleich erforderlich.

 

III.   Vereinfachtes Änderungsverfahren:

 

Durch die Änderung des Bebauungsplanes Nr. 5 „Gießener Straße“ werden die Grundzüge der Planung nicht berührt:

·         die Art der baulichen Nutzung und deren Zweckbestimmung bleiben bestehen

·         durch die vorgesehenen Anbauten erfolgt keine zusätzliche Versiegelung bisher unbebauter Flächen

·         die Erweiterung der Parkplatzfläche liegt nach dem derzeit geltenden Bebauungsplan innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche bzw. innerhalb der Fläche mit besonderer Zweckbestimmung (für Stellplätze und betriebsbedingte Verkehrsflächen)

·         Durch die Planung sind keine negativen städtebaulichen Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche sowohl in Friedberg als auch im Umland (u.a. Bad Nauheim) zu erwarten.

 

Die Stadt Friedberg kann daher nach § 13 BauGB das vereinfachte Verfahren anwenden, da

 

1. die Zulässigkeit von Vorgaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht vorbereitet oder begründet wird und

2 .keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter bestehen.“

 

Gemäß § 13 Abs. 3 BauGB wird im vereinfachten Verfahren von der Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4, von dem Umweltbericht nach § 2a abgesehen. § 4c BauGB (Überwachung von erheblichen Umweltauswirkungen) ist nicht anzuwenden.