Beschlussentwurf:
1. Der Bebauungsplan Nr. 5 „Gießener Straße“ wird für den im Lageplan (Anlage 1) dargestellten Geltungsbereich (Flur 7, Flurstücke 2/20 und 2/21) im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB geändert. Das Planverfahren erhält die Bezeichnung „4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 5 „Gießener Straße“ in Friedberg/ Hessen.
2.
Mit dem vorliegenden Plankonzept (Anlage 2)
sowie dem Entwurf einer Begründung (Anlage 3) wird die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 1
BauGB sowie die Unterrichtung der Behörden gem. § 4 Abs. 1 BauGB durchgeführt.
Sach- und Rechtslage:
I. Anlass und Ziel der Planung/ Auswirkungen:
Anlass der Planung sind Überlegungen des Grundstückseigentümers den bestehenden Expert-Markt zu vergrößern. Geplant ist eine Vergrößerung der Verkaufsfläche um ca. 257 m². Die im Bebauungsplan festgesetzte max. Verkaufsfläche von 1.800 m² wird dadurch überschritten. Ebenfalls überschritten wird die derzeit festgesetzte Baugrenze und durch die Erweiterung der notwendigen Stellplätze auch die festgesetzte Grundflächenzahl gem. § 19 Abs. 4 BauNVO. Zur Umsetzung der Planung ist eine Änderung des Bebauungsplans erforderlich.
Die geplante Vergrößerung des expert-Marktes soll die Wettbewerbssituation verbessern und den Bestand des Marktes sichern.
Vor Einleitung des Verfahrens zur Bebauungsplan - Änderung wurde zunächst die städtebauliche und versorgungsstrukturelle Verträglichkeit des Vorhabens durch ein Gutachten der GMA – Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung, Köln, geprüft. Im Vordergrund standen dabei
· die Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung in Friedberg und im Umland (v.a. Bad Nauheim)
· Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in Friedberg und im Umland
· Auswirkungen auf die Ziele der Raumordnung und Landesplanung gem. Regionalplan und Einzelhandelserlass
Nach dem Ergebnis des Gutachtens sind durch die nur geringfügige Vergrößerung der Verkaufsfläche keine negativen städtebaulichen Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche sowohl in Friedberg als auch im Umland (u.a. Bad Nauheim) zu erwarten. Das Gutachten kommt zu den städtebaulichen Auswirkungen zu folgendem Fazit:
„ 4. Städtebauliche
Auswirkungen
Bei der Bewertung
der absatzwirtschaftlichen Auswirkungen (= Umsatzumverteilungen) von
Einzelhandelsvorhaben ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen
Wettbewerbswirkungen und möglichen städtebaulichen oder
versorgungsstrukturellen Beeinträchtigungen. Wettbewerbliche Wirkungen können
zwar zu – ggf. befristeten – Beeinträchtigungen von Betrieben in der
Leistungsfähigkeit führen; das interkommunale Abstimmungsgebot gemäß § 2 Abs. 2
BauGB schützt jedoch nicht den bestehenden Einzelhandel in den Nachbarkommunen
vor Konkurrenz. Es geht hierbei vielmehr darum, zu bewerten, ob sich die
Ansiedlung eines Einzelhandelsvorhabens negativ auf die städtebauliche Ordnung und
Entwicklung in der Nachbarkommune auswirkt (vgl. hierzu die Urteile des OVG
Münster vom 06.06.2005, 10 D 145/04.NE und 10 D 148/04.NE).
Zur Ableitung
möglicher städtebaulicher und versorgungsstruktureller Auswirkungen wird vor
der Rechtsprechung bzw. in der Verwaltungspraxis häufig ein Schwellenwert von 10
% Umsatzumverteilung angesetzt. In jüngster Zeit findet jedoch diesbezüglich
ein Umdenken statt; so reicht das alleinige Abstellen auf die voraussichtlichen
Umsatzumverteilungsquoten zur Bewertung möglicher Auswirkungen eines Einzelhandelsvorhabens
auf einen zentralen Versorgungsbereich nicht aus. Vielmehr sind hier im
Einzelfall auch andere Kriterien wie beispielsweise die konkrete städtebauliche
Situation der möglicherweise betroffenen zentralen Versorgungsbereiche zu
berücksichtigen (vgl. Urteile OVG Münster vom 11.12.2006, 7 A 964/05 und Bundesverwaltungsgericht
vom 11.10.2007, 4 C 7.07).
Aus
gutachterlicher Sicht ist zu ergänzen, dass schon bei Umverteilungsquoten von
unter 10 % städtebauliche Beeinträchtigungen eintreten können, wenn z. B die
Schwächung wesentlicher Magnetbetriebe eines zentralen Versorgungsbereiches zu
prognostizieren ist. Gleichzeitig müssen aber bei Umverteilungen von über 10 %
nicht zwangsläufig negative städtebauliche Auswirkungen auftreten. Das Umschlagen
wettbewerblicher in städtebauliche Effekte ist abhängig von der
Leistungsfähigkeit der betroffenen Betriebe, deren Funktion innerhalb eines
Zentrums (z. B. Magnetbetrieb) sowie der Stabilität der betroffenen Lage. In
die Bewertung ist darüber hinaus die Bedeutung der jeweiligen Branche für das
Zentrum (z. B. Leitbranche, ergänzendes Sortiment) einzustellen.
Im Allgemeinen
kann davon ausgegangen werden, dass von den durch das Erweiterungsvorhabenausgelösten
Umsatzumverteilungswirkungen in erster Linie sog. Systemwettbewerber, d. h.
andere Elektrofachmärkte betroffen sein werden. Außerdem werden auch die
Spezialabteilungen der Kaufhäuser sowie die Facheinzelhändler und Handyläden in
untergeordneter Form mit Umsatzverlusten zu rechnen haben. Jedoch werden die Fachanbieter
auf Grund ihrer Spezialisierung und ihrer starken Serviceorientierung weniger
stark betroffen sein als die direkten Systemwettbewerber gleichen Branchentyps,
sodass sich die Umsatzumverteilungswirkungen
bei diesen Anbietern generell auf niedrigerem Niveau bewegen werden. Da die
diesbezüglichen Betriebe bzw. Sortimente z. T. innenstadtprägend sind, liegt
aus städtebaulicher Sicht eine Schutzwürdigkeit im Sinne des Bau- und
Planungsrechtes vor.
Im Folgenden
werden die durch das Planvorhaben hervorgerufenen Umsatzumverteilungen hinsichtlich
der möglichen städtebaulichen und versorgungsstrukturellen Auswirkungen bewertet.
- Gegenüber den
projektrelevanten Anbietern in der Innenstadt von Friedberg werden
Umverteilungswirkungen in Höhe von insgesamt ca. 5 % bzw. knapp 0,2 Mio. €
wettbewerbswirksam. Diese verteilen sich auf eine Reihe von Anbietern mit
Sortimentsschwerpunkt im Telekommunikationsbereich sowie der
Randsortimentsfläche des Kaufhauses Joh. Die ermittelten Wettbewerbswirkungen
werden, bezogen auf einzelne Betriebe, jeweils nur geringe absolute
Umsatzumverteilungen hervorrufen, aus deren Höhe keine wesentlichen
einzelbetrieblichen Schwächungen abzuleiten sind. Darüber hinaus
übernehmen die bestehenden Mobilfunkanbieter und die Randsortimentsfläche
des Kaufhauses Joh keine strukturprägende Bedeutung für die Friedberger
Innenstadt. Ein Umschlagen in negative städtebauliche oder
versorgungsstrukturelle Auswirkungen infolge einer
Verkaufsflächenerweiterung des Expert-Marktes am Standort Dieselstraße
kann gutachterlicherseits ausgeschlossen werden.
- An den dezentralen
Standorten Gewerbegebiet West und Industriegebiet Süd werden im
Elektrowarensegment Umverteilungswirkungen in Höhe von ebenfalls bis zu 5
% (ca. 0,2 Mio. €) ausgelöst. Die ermittelten Umverteilungen werden v. a.
zu Lasten der bestehenden Fachanbieter (u. a. Elektrohaus Schroeder,
Elektrofachmarkt Häller) mit hoher Serviceorientierung gehen. Aus der Höhe
der möglichen Umsatzumverteilungswirkungen ist abzuleiten, dass die
bestehenden Betriebe lediglich in geringem Maße tangiert werden und somit
keine einzelbetriebliche Gefährdung besteht. Zu den Auswirkungen gegenüber
den genannten Wettbewerbern ist außerdem anzumerken, dass diese in
Gewerbegebietslagen der Stadt Friedberg ansässig sind, welche
grundsätzlich nicht als schützenswert i. S. des Baugesetzbuches gelten.
Die dargestellten Umsatzumverteilungen stellen reine Wettbewerbswirkungen
außerhalb des Hauptgeschäftsbereiches der Friedberger Innenstadt dar.
- In Zone II
a des definierten Einzugsgebietes bestehen keine Systemwettbewerber
zum projektierten Expert-Markt. Dort sind ausschließlich kleinteilig
strukturierte Facheinzelhändler oder Spezialanbieter vorhanden, die
aufgrund ihrer starken Serviceorientierung, ihrer Spezialisierung, ihrer
Reparaturtätigkeiten und Beratungsleistungen v. a. Stammkunden ansprechen,
welche nur bedingt im Wettbewerb mit Elektrofachmärkten stehen, so dass
voraussichtlich keine Umverteilungswirkungen eintreten werden. Eine Gefährdung
der Funktionsfähigkeit der Ortskerne der umliegenden Kommunen sind kann
somit ausgeschlossen werden.
- In Zone II
b des betrieblichen Einzugsgebietes sind nennenswerte
Wettbewerbsauseinandersetzungen mit projektrelevanten Angebotsstrukturen
v. a. innerhalb dezentraler Standortlagen zu erwarten. Insgesamt
ist von Umsatzumverteilungswirkungen in Höhe von max. 0,5 Mio. €
auszugehen was einer Umverteilungsquote von ca. 6 – 7 % entspricht.
Während einige Anbieter (u. a. Toom Baumarkt, Rewe Center) Elektrowaren
lediglich auf kleineren Teilflächen anbieten und somit nur in
untergeordneter Form im Wettbewerb mit dem erweiterten Expert-Markt in
Friedberg stehen, wird der überwiegende Anteil der Umverteilungswirkungen
gegenüber dem Systemwettbewerber ProMarkt im Gewerbegebiet „In den langen
Morgen“ in der nördlichen Nachbarstadt Bad Nauheim wirksam. Unter
Berücksichtigung des frequentierten Standortes mit weiteren großflächigen
Einzelhandelsnutzungen (Rewe Center, toom Baumarkt) im direkten Umfeld ist
dieser infolge der projektierten Verkaufsflächenerweiterung von rd. 250 m²
jedoch nicht in seinem Bestand gefährdet. Die Höhe der ermittelten
Umverteilungswirkungen können aus gutachterlicher Sicht kompensiert
werden. Unabhängig von der Höhe möglicher Wettbewerbswirkungen ist darüber
hinaus anzumerken, dass der betroffene Betrieb außerhalb eines zentralen
Versorgungsbereiches ansässig und folglich nicht als schützenswert i. S.
des Baugesetzbuches gilt. Die dargestellten Umsatzumverteilungen stellen
reine Wettbewerbswirkungen außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches
dar.
- Gegenüber
bestehenden Angebotsstrukturen innerhalb des zentralen
Versorgungsbereiches Innenstadt Bad Nauheim sind nur äußerst
geringe Umverteilungswirkungen zu erwarten. Diese bewegen sich bei
absoluter Betrachtung am Rande einer rechnerischen Nachweisgrenze
(insgesamt deutlich unter 0,1 Mio. €). Aus der geringen Höhe der
Wettbewerbswirkungen können weder städtebauliche noch
versorgungsstrukturelle Auswirkungen abgeleitet werden.
- Die ermittelten
Umverteilungswirkungen in Höhe von ca. 0,3 Mio. €, welche außerhalb des
abgegrenzten Einzugsgebietes wirksam werden, verteilen sich auf eine
größere Anzahl von Wettbewerbern in der Region (u. a. Frankfurt), so dass
hier keine nennenswerten Auswirkungen i. S. von städtebaulichen
Beeinträchtigungen gegenüber bestehenden Einzelhandelslagen abzuleiten
sind.
Zusammenfassend kann die geplante Erweiterung des Expert-Marktes
hinsichtlich der städtebaulichen und versorgungsstrukturellen Auswirkungen als
verträglich eingestuft werden. Die zu erwartenden Umsatzumverteilungswirkungen
konzentrieren sich v. a. auf Wettbewerber an dezentralen Standortlagen.
Gegenüber den zentralen Versorgungsbereichen in Friedberg sowie den
benachbarten Städten sind nur geringe bzw. rechnerisch nicht nachweisbare
Umsatzumverteilungen zu prognostizieren; aufgrund der geringen Größenordnung
möglicher Wettbewerbswirkungen sind negative städtebauliche oder
versorgungsstrukturelle Beeinträchtigungen auszuschließen.“
Das vollständige Gutachten liegt im Stadtbauamt Friedberg vor.
II. Planungskonzept:
Der Bauherr plant den bestehenden Expert-Markt durch einen westlichen Anbau mit den Abmessungen Länge 37,20 x Breite 7,50 m und einem kleineren östlichen Anbau mit den Abmessungen Länge 11,90 m x Breite 5,90 m zu erweitern. Die geplante Verkaufsfläche erhöht sich dadurch um ca. 300 m² auf insgesamt fast 2.100 m².
Durch die Erweiterung der Verkaufsfläche müssen gem. Stellplatzsatzung der Stadt Friedberg zusätzliche Stellplätze auf dem Grundstück nachgewiesen werden. Der Nachweis von zusätzlichen Stellplätzen soll im nördlichen Bereich des Grundstücks im Anschluss an den bestehenden Parkplatz erfolgen. Die Fläche wird momentan als private Gartenfläche des Grundstückseigentümers genutzt. Da der betreffende Grundstücksbereich im bestehenden Bebauungsplan bereits als überbaubare Grundstücksfläche bzw. als Fläche mit besonderer Zweckbestimmung (für betriebsbedingte Verkehrsflächen und Stellplätze) festgesetzt ist, sind hier weder eine Änderung des Bebauungsplans noch ein naturschutzrechtlicher Ausgleich erforderlich.
III. Vereinfachtes
Änderungsverfahren:
Durch die Änderung
des Bebauungsplanes Nr. 5 „Gießener Straße“ werden die Grundzüge der Planung
nicht berührt:
·
die Art
der baulichen Nutzung und deren Zweckbestimmung bleiben bestehen
·
durch
die vorgesehenen Anbauten erfolgt keine zusätzliche Versiegelung bisher
unbebauter Flächen
·
die
Erweiterung der Parkplatzfläche liegt nach dem derzeit geltenden Bebauungsplan
innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche bzw. innerhalb der Fläche mit
besonderer Zweckbestimmung (für Stellplätze und betriebsbedingte
Verkehrsflächen)
·
Durch
die Planung sind keine negativen städtebaulichen Auswirkungen auf die
zentralen Versorgungsbereiche sowohl in Friedberg als auch im Umland (u.a. Bad
Nauheim) zu erwarten.
Die Stadt Friedberg
kann daher nach § 13 BauGB das vereinfachte Verfahren anwenden, da
„1. die Zulässigkeit von Vorgaben, die einer
Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum
Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen,
nicht vorbereitet oder begründet wird und
2 .keine Anhaltspunkte für eine
Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter
bestehen.“
Gemäß § 13 Abs. 3
BauGB wird im vereinfachten Verfahren von der Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4,
von dem Umweltbericht nach § 2a abgesehen. § 4c BauGB (Überwachung von
erheblichen Umweltauswirkungen) ist nicht anzuwenden.