Sitzung: 03.11.2022 Ortsbeirat des Stadtteils Dorheim
Ortsvorsteher Dr. Rack
erläutert kurz den Sachstand zum Thema und bedauert, dass kein Vertreter des
Wetteraukreises zugegen ist. Bürgermeister Antkowiak erläutert, dass er
explizit auch Vertreter des Kreises über die heutige Veranstaltung informiert
bzw. zu dieser eingeladen hat. Ortsvorsteher Dr. Rack weist auf die geplante
Zahl von untergebrachten Personen in der neuen Einrichtung hin und stellt die
dadurch vermutlich entstehenden Probleme bei Versorgung, Betreuung etc. dar.
Ortsvorsteher Dr. Rack
erläutert, wie er vom Bau des Flüchtlingsheim am Recyclinghof durch einen
Bürger im September erfahren hat und drückt seine Verwunderung darüber aus,
warum er als Ortsvorsteher nicht früher informiert wurde. Für den heutigen
Termin wurde das Thema nun von ihm auf die Tagesordnung gesetzt, um Sachstand
und Perspektiven zu diskutieren. Es ist wichtig die Bürger mitzunehmen und zu
informieren. Gerüchte, Besorgnisse und Vorbehalte sollen vermieden werden.
Ergänzend berichtet
Ortsvorsteher Dr. Rack von der Unterbringung von Geflüchteten durch das RP
Gießen in Leichtbauhallen sowie in Bestandsgebäuden in der ehemaligen
Friedberger Kaserne. Diese wurden innerhalb kürzester Zeit für die
Unterbringung aufgebaut bzw. hergerichtet. Der Kreis braucht für die
Ertüchtigung der Gebäude angeblich 1,5 Jahre. Ortsvorsteher Dr. Rack stellt die
Frage, wie das Gelände und dessen künftige Bewohner geschützt werden sollen und
wie die ärztliche Versorgung für die ca. 120 Personen sichergestellt werden
soll. Gleiches gilt für Kinderbetreuung sowie allgemeine soziale Betreuung.
Nach dem vorliegenden Kenntnisstand gibt es für diese Themen keine geeigneten
Räumlichkeiten in der hiesigen Unterkunft. Abschließend stellt Ortsvorsteher
Dr. Rack dar, dass im Jahr 2015 die Dorheimer Bürger sehr schnell große
Unterstützung für die damals nur zehn Geflüchteten auf die Beine stellen
konnten. Dies war allerdings schon ein erheblicher Arbeitsaufwand, der sich nur
allein durch die Bürger nicht nochmals, bzw. schon gar nicht für die geplante
Anzahl von Personen realisieren lassen würde. Zudem sei unbekannt, wie der
Rechtsstatus sowie die Aufenthaltsdauer der Bewohner sei.
Anschließend übergibt
Ortsvorsteher Dr. Rack an Bürgermeister Antkowiak. Dieser begrüßt die
Möglichkeit, die heutige Veranstaltung zur Diskussion mit den Bürgern zu dem
Thema zu nutzen.
Nach seiner Ansicht werden
die Kommunen aktuell vor fast unlösbare Aufgaben durch die große Menge an
Geflüchteten gestellt. Er führt an, dass es sich um die 3-4 fache Anzahl an
Personen im Gegensatz zum Jahr 2015 handelt. Er erläutert die Verteilung der
Geflüchteten und die unterschiedlichen Verantwortungen von RP, Kreis und Stadt.
Bürgermeister Antkowiak dankt für die oft private Aufnahme vor allem
ukrainischer Geflüchteter in den letzten Monaten.
Bürgermeister Antkowiak
stellt anschließend dar, wie der Ablauf der Unterbringung der Geflüchteten in
der Kaserne durch das RP Gießen erfolgte. Hier gab es kontinuierlich
Informationen vom RP an Bürgermeister und Magistrat. Nach erfolgtem Bau der
Leichtbauhallen wurden Vertreter der politischen Gremien außerdem zur
Besichtigung eingeladen. Sicherheitsdienst, medizinische Betreuung und WLAN
(Internetzugang) für die Geflüchteten wurden von Stadt verlangt und durch RP
sichergestellt.
Im Gegensatz dazu konnten
dem Kreis keine Forderungen und Wünsche übermittelt werden bzw. erfolgte keine
Reaktion darauf.
Bürgermeister Antkowiak
erläutert, dass im Mai eine Anfrage bei der Stadt durch den Kreis bezüglich des
Geländes am Recyclinghof zur Unterbringung von Geflüchteten einging. Die
Anfrage wurde abgelehnt und mehrere Alternativen wurden angeboten, darunter
Gebäude in der Kaserne, die sich auf Grund der bereits vorhandenen
Infrastruktur angeboten hätten. Außerdem wurde Zustimmung für Aufstellung von
Containern in der Kaserne signalisiert. Seit dieser Anfrage wurde Dorheim als
Standort nicht mehr erwähnt, bis Anfang September. Am 9. September wurde der
Bürgermeister durch eine Bürgerin informiert. Nach erneuter Befassung im
Magistrat wurden weitere Alternativflächen (Nähe geplantem Kinostandort) an den
Kreis übermittelt.
Bürgermeister Antkowiak
übergibt das Wort an Bauamtsleiter Brandt. Dieser erläutert, warum aus seiner
Sicht der Standort in Dorheim ausgewählt wurde: Der Kreis schaut zunächst nach
eigenen Flächen. Deshalb wurde vermutlich dieses Gelände zum Bau einer
entsprechenden Unterkunft herangezogen.
Bauamtsleiter Brandt
erläutert anschließend den Ablauf bezüglich der Anfrage des Kreises an die
Stadt und warum trotz erfolgtem Widerspruch der Stadt mit dem Bau begonnen
wurde. Nach seiner rechtlichen Auffassung gibt es hier zumindest bei einigen
Punkten noch Klärungsbedarf. So verbietet z.B. der Bebauungsplan im
betreffenden Gebiet explizit eine Wohnnutzung. Außerdem wurden von der Stadt
alternative Flächen angeboten.
Bauamtsleiter Brandt gibt
an, dass er nicht einschätzen könne, wie es am Standort in Dorheim weitergeht.
Die Stadt hat das Einvernehmen verwehrt, dieses kann jedoch unter gewissen
Umständen vom Kreis ersetzt werden. Nach seiner persönlichen Einschätzung müsse
man sich darauf einstellen, dass die Container bleiben. Selbst wenn
Rechtsmittel dagegen eingelegt werden, wird es lange bis zu einem
rechtswirksamen Urteil dauern. Die Baugenehmigung hingegen wurde zeitlich
befristet erteilt. Somit könnte ein Urteil im schlimmsten Fall erst nach dem
Ablauf der Genehmigung gefällt werden.
Ortsvorsteher Dr. Rack
äußert, dass die Dorheimer Unterkunft aus seiner Sicht mutmaßlich mehr als ein
Provisorium sei. Die allgemeine Situation bezüglich Geflüchteter spitzt sich
zu. Alternative Flächen werden sicherlich eher zusätzlich zu bereits
bestehenden oder im Bau befindlichen Objekten genommen.
Ortsvorsteher Dr. Rack
erläutert kurz § 31 BauGB und die dadurch möglichen Befreiungen vom
Bebauungsplan. Bürgermeister Antkowiak ergänzt, dass die Anwendung jedoch nur
zulässig sei, wenn es keine alternativen Flächen gibt.
Ortsvorsteher Dr. Rack
stellt nochmals dar, wie gut die Versorgung bzw. Infrastruktur in der Kaserne
geregelt sei und dass es aus seiner Sicht äußerst sinnvoll gewesen wäre, den
Standort auch für die Errichtung der Unterkunft des Kreises zu nutzen.
Ortsvorsteher Dr. Rack fragt Bürgermeister Antkowiak, ob mit der BImA Gespräche
über die weitere Nutzung der Kaserne geführt wurden. Dieser bestätigt, dass die
BImA einer solchen Nutzung zugestimmt hatte.
Bevor das Wort an die
Mitglieder des Ortsbeirats bzw. an die anwesenden Bürgerinnen und Bürger
übergeben wird, stellt Ortsvorsteher Dr. Rack nochmals dar, dass aus seiner
Sicht fehlende Betreuung zum großen Problem werden könnte. Dieses Problem darf
nicht zu Schwierigkeiten im Ort führen.
Andreas Scheunert
(anwesender Bürger) stellt dar, dass das Kasernengebäude vielen Bürgerinnen und
Bürgern gut bekannt sei, auch dass diverse Gebäude bereits vor einigen Jahren
für die Unterbringung von Geflüchteten hergerichtet wurden. Zusätzlich sei viel
Fläche für Container und Leichtbauhallen vorhanden. Gerade in den letzten Tagen
sei in den Medien diskutiert worden, dass Fläche zur Unterbringung von
Geflüchteten auch von der Bundesregierung bereitgestellt werden soll. Östlich
an die nun vom RP errichtete Leichtbauhalle schließt sich eine große Wiese
(Sportfelder) an. Es wäre konsequent gewesen genau diese freien Flächen zu
nutzen, aus seiner Sicht auch sinnvoller als die kleine Fläche in der Nähe des
geplanten Kinos. Versorgung könnte dort gewährleistet werden, durch Mitnutzung
vorhandener Infrastruktur des RP. Könnten diese Flächen in Erwägung gezogen
werden? Bürgermeister Antkowiak erläutert, dass die Stadt Friedberg die Nutzung
dieser Flächen mittragen würde, da dort die Infrastruktur und
Betreuungssituation gegeben ist. Der Kreis hat jedoch bis dato kein Interesse
gezeigt. Die BImA hat signalisiert, dass sie diese Nutzung mitgehen würde.
Ortsbeiratsmitglied Kruse
stellt dar, dass die Wahrscheinlichkeit zur Belegung in Dorheim sehr hoch sei.
Trotz Diskussionen über rechtliche Belange sollten die Dorheimer Bürger sich
fragen, wie man den Menschen dort helfen könne. Hier seien vor allem
Informationen notwendig, wie die Situation bzgl. Betreuung etc. sein wird.
Bürgermeister Antkowiak erläutert, dass er das genauso sehe, aber ebenfalls
kein Datum kennt, wann die Container bezogen werden sollen und wie Catering,
Betreuung/med. Betreuung geregelt sein wird.
Ortsvorsteher Dr. Rack
drückt sein Unverständnis darüber aus, dass die Kreisspitze heute nicht
anwesend sei, um sich den Fragen / Sorgen der Bürgerinnen und Bürger zu
stellen. Der Kreis ist in der Pflicht das Nötige zu tun.
Jutta Balser (anwesende
Bürgerin) drückt ihre Empörung darüber aus, dass niemand von der Kreisspitze
anwesend sei. Die Container stehen nun und das wird man aus ihrer Sicht auch
nicht mehr ändern. Sie stellt sich die Frage, wie damit umgegangen werden soll.
Die Menschen brauchen Hilfe, allein schon, um die Einrichtung zu nutzen. Es sei
eine starke Geringschätzigkeit wie mit Stadt, Politikern und Bürgern seitens
des Kreises umgegangen wird. Es geht darum den Menschen zu helfen! Dies sei
nicht mit 2-3 Betreuern getan. Ehrenamtliche sind nicht mehr vorhanden bzw.
noch mit der Betreuung der Geflüchteten aus 2015 gebunden. Gerade in den ersten
1-2 Wochen ist ein ganzer Stab von Menschen notwendig.
Ortsvorsteher Dr. Rack
stimmt zu und auch Bürgermeister Antkowiak unterstreicht, dass auch die Stadt
die entsprechenden Informationen dringend erhalten möchte.
Ortsbeiratsmitglied
Frühschütz führt an, dass gerade auch die Feuerwehr sowie Rettungsdienste zwingend
weitere Informationen benötigen. Begehungen wären dringend erforderlich. Dies
muss erfolgen, bevor das Gebäude bezogen wird.
Ortsvorsteher Dr. Rack
ergänzt, dass man gar nicht über Angriffe auf das Heim spekulieren möchte, aber
dass das Risiko für Unfälle etc. gegeben sei und entsprechend müssen Infos
fließen. AG Flüchtlingshilfe / Runder Tisch muss mit eingebunden werden, wie
man sich um die Menschen kümmern will.
Bürgermeister Antkowiak
ergänzt, dass das zielgerichtete Vorgehen des RP in der Tat auch vom Kreis
erwartet wird. Es hat sich auch in den anderen Unterkünften gezeigt, dass die
Anzahl von Feuerwehr- und Rettungsdiensteinsätzen deutlich erhöht ist. Dies sei
kaum mit der FFW Dorheim zu stemmen.
Wolfgang Dittrich
(anwesender Bürger / AG Flüchtlingshilfe) stellt ebenfalls die Frage nach der
Sozialbetreuung und ergänzt, dass die AG Flüchtlingshilfe in die Entscheidungen
bzgl. der Unterkunft in Dorheim nicht einbezogen war. Man war überrascht im Mai
von dem geplanten Bau zu erfahren. Es sei jedoch löblich, dass Stadt andere
Grundstücke zur Verfügung stellt, auch wenn dies bisher keinen Anklang bei der
Kreisspitze gefunden hat. Die AG Flüchtlingshilfe fordert eine
Flüchtlingskonferenz (ähnlich 2015) mit dem Ziel eine gute Willkommenskultur zu
etablieren, die Menschen mitzunehmen und vor Ort zu informieren, wo Unterkünfte
gebaut werden. Wolfgang Dittrich bekräftigt, dass es Ehrenamtliche braucht, die
bei der Betreuung unterstützen. Er fordert Ortsvorsteher Dr. Rack und
Bürgermeister Antkowiak auf, bei Forderung nach Flüchtlingskonferenz zu
unterstützen und ergänzt, dass das RP Gießen aktuell gute Arbeit macht.
Bürgermeister Antkowiak
bedankt sich für die gute Arbeit der AG und ergänzt, dass die Menschen nicht
aus dem Blick verloren werden dürfen. Die Nutzung von Zelten und
Turnhallen/Sporthallen zur Unterbringung solle vermieden werden. Stadt will
immer versuchen Freiflächen zur Verfügung zu stellen. Es gehe nur
miteinander.
Stadtrat Olthoff gibt zu
bedenken, dass bei der großen Menge von Geflüchteten, die auf engstem Raum
untergebracht sind, mit einer hohen Anzahl von Feuerwehreinsätzen zu rechnen
sei. Dies sei von der FFW Dorheim kaum zu schaffen.
Ortsbeiratsmitglied Kruse
regt an, dass die Neugewinnung von ehrenamtlichen Helfern von städtischer Seite
unterstützt werden sollte und stellt die Frage, welche Maßnahmen hierfür
angedacht sind? Gibt es hierfür bereits Initiativen? Bürgermeister Antkowiak
erläutert, dass aus diesem Grund Thema der Bürgerversammlung am 7.7.2022
Flüchtlinge und deren Unterbringung war. Stadt kann bitten / motivieren, aber
nicht zwingen. Ortsvorsteher Dr. Rack ergänzt, dass der Zweck der Diskussion am
heutigen Abend auch sei, die Bürgerinnen und Bürger entsprechend mit
einzubinden. Die große Dynamik in dem Thema war im Sommer noch nicht absehbar.
Entsprechend muss nun rasch reagiert werden.
Claus Balser (anwesender
Bürger) erklärt, dass er und seine Frau bereits seit 2015 Geflüchtete in
Dorheim betreuen. Er stellt die Forderung an den Kreis zu erläutern, wie eine
solche Anzahl von Geflüchteten auf engstem Raum betreut werden soll. Er macht
sich keine Illusionen darüber, dass wesentliche Hilfestellungen vom Kreis zu
erwarten sind. Bereits 2015 wurde keine Rücksicht auf Nationalitäten etc.
genommen. Die Betreuung endete nach Umzügen teils abrupt. Dorheim sei mit der
nun geplanten großen Anzahl Geflüchteter, bzw. deren Betreuung (v.a. das „an
die Hand nehmen“) überfordert. Balser erläutert, dass es auch notwendig sein
wird die lokalen Vereine mit einzubinden.
Ortsbeiratsmitglied Kruse
führt an, dass der Weg vom Ort bis zur Unterkunft stellenweise schlecht
beleuchtet ist und stellt die Frage, ob ein Ausbau der Beleuchtung geplant sei.
Bürgermeister Antkowiak erläutert, dass die Frage bereits an den Kreis gegeben
wurde, aber bisher keine Informationen diesbezüglich vorliegen. Ortsvorsteher
Dr. Rack bekräftigt, dass eine angemessene Beleuchtung unerlässlich sei.
Ortsbeiratsmitglied Ruppel
stellt dar, dass der Kreis aus seiner Sicht nach Gutsherrenart agiere und fragt
Brauamtsleiter Brandt, weshalb für eine Flüchtlingsunterkunft 20 PKW
Stellplätze eingeplant werden. Bauamtsleiter Brandt erläutert, dass die
Stellplatzsatzung eingehalten werden muss. Hierfür wurde keine Befreiung
beantragt.
Ortsbeiratsmitglied
Frühschütz fragt, wie die Container beheizt bzw. klimatisiert werden.
Bauamtsleiter Brandt erläutert, dass dies der Stadt unbekannt sei, da
vollständig in der Verantwortung des Kreises.
Ortsvorsteher Dr. Rack
dankt Bürgermeister Antkowiak und Bauamtsleiter Brandt und stellt dar, dass
viele Fragen offen sind. Er versichert, dass er zeitnah einen Brief an die
Kreisspitze senden wird, mit der Verdeutlichung wie enttäuschend die fehlenden
Informationen seien. Aus seiner Sicht ist dies eine Form von
Rücksichtslosigkeit. Ortsvorsteher Dr. Rack ergänzt, dass es notwendig gewesen
wäre, sich heute Abend den Fragen der Bürgerinnen und Bürger zu stellen. So
könne man mit den Dorheimer Bürgerinnen und Bürgern nicht umgehen. Er sichert
zu, dass das Thema in den entsprechenden Gremien weiter erörtert werden wird.
Gemeinsam müsse eine vernünftige und tragfähige Lösung für die Menschen, die
dort untergebracht werden, gefunden werden. Abschließend dankt Ortsvorsteher
Dr. Rack den anwesenden Bürgerinnen und Bürgern und unterbricht die Sitzung für
eine kurze Pause.