Sitzung: 07.05.2015 Ausschuss für Bauwesen, Planung, Umwelt und Konversion, Haupt- und Finanzausschuss
Gremium: Haupt- und Finanzausschuss
Beschluss: zurückgestellt
Vorlage: 11-16/1118
Frau Dr. Pfeffer erläutert im Rahmen einer Präsentation ausführlich die
gesetzlichen Grundlagen
sowie die Voraussetzungen „Gleichbehandlungsgebot“ und „Homogenität“ für
die Einführung des Ausgleichsbetrages nach § 154 Abs. 2a BauGB (sog. „kleiner
Erschließungsbeitrag“). Des Weiteren werden anhand einer Musterberechnung die
Unterschiede der beiden Berechnungsvarianten gegenübergestellt.
Mitglied Bey bittet, die Präsentation allen Mitgliedern per Mail
zuzusenden. Dies wird von Frau
Dr. Pfeffer zugesagt.
Auf Nachfrage von Mitglied Messerschmidt macht Frau Fontaine-Kretschmer
deutlich, dass der Gutachterausschuss die Bodenwerte anhand einer
Kaufpreissammlung berechnet und sogenannte „Referenzgrundstücke“ jeder Zone
zugrunde liegen. Alle Eigentümer/-innen, die auch 2015 nicht auf Basis des
erstellten Zonenwertgutachtens abrechnen möchten, können auf eigenen Wunsch den
Bodenwert durch ein grundstücksbezogenes Einzelgutachten auf Kosten der Stadt
Friedberg ermitteln lassen. In diesem Fällen wäre das Einzelgutachten bindend
für die Höhe des zu zahlenden Ausgleichsbetrages. Diese Gutachten werden vom
Gutachterausschuss für den Bereich des Wetteraukreises erstellt, da die
bestellten Gutachter einen umfassenden Sachverstand aus anderen
Sanierungsgebieten aufweisen und über die entsprechende Ortskenntnis verfügen.
Damit seien systematisch einheitliche und gleichbehandelnde Bewertungen
sichergestellt.
Mitglied Schmidt hinterfragt das vom Gutachterausschuss erstellte
Zonenwertgutachten. Frau
Fontaine-Kretschmer informiert über die 12 gebildeten Wertzonen und
deren unterschiedliche Struktur. Die bisherigen Ablösevereinbarungen seien
aufgrund des Zonenwertgutachtens abgewickelt worden, da diese Eigentümer/-innen
das angebotene Abzinsungsverfahren genutzt hätten. Die Bodenwertkarte soll
allen Ausschussmitgliedern ebenfalls per Mail zugehen und im Internet
veröffentlicht werden.
Auf Nachfrage von Mitglied Uebelacker erläutert Frau
Fontaine-Kretschmer, dass die Bodenwertsteigerung immer zum Endpunkt der
Sanierung, d. h. zum Zeitpunkt der Satzungsaufhebung oder des Bescheides,
berechnet werde.
Aufgrund dessen ist Mitglied Hausner der Auffassung, die Sanierung
zeitnah rechtskonform zu beenden, damit weitere Bodenwertsteigerungen nicht
zu Lasten der Grundstückseigentümer/-innen gehen.
Stellvertretender Vorsitzender Klaus stellt zusammenfassend klar, dass
das vereinfachte Verfahren nach § 154 Abs. 2a BauGB in Friedberg nicht mehr
anwendbar sei und damit rechtswidrig wäre. Ein Wechsel der Berechnungsvariante
sei rechtlich nicht möglich, da Eigentümer/-innen, die bereits
Ablösevereinbarungen geschlossen hätten, nicht anders behandelt werden dürften.
Nachdem im Friedberger Sanierungsgebiet auch die weitere gesetzliche
Voraussetzung „Homogenität“ aus mehreren
Gesichtspunkten nicht vorliege, gäbe es zu dem von der Verwaltung
vorgeschlagenen klassischen Verfahren nach § 154 Abs. 2 BauGB keine
Alternative.
Mitglied Beisel fragt, ob der Verwaltung eine Aussage des
Gutachterausschusses für den Bereich des Wetteraukreises vom Oktober 2014
bekannt sei, wonach die Zonenwerte des Gutachtens nicht mehr gültig seien. Dies
wird verneint, soll aber von der Verwaltung nochmals hinterfragt werden.
Daraufhin beantragt Vorsitzende Götz, die Öffentlichkeit bei der
Beratung gemäß § 33 (4) der Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung
und der Ausschüsse der Stadt Friedberg vom
03. Mai 2002 zu beteiligen.
Abstimmungsergebnis Haupt- und Finanzausschuss:
Einstimmig beschlossen
Ja 9 Nein 0 Enthaltung 0
Abstimmungsergebnis Ausschuss für Bauwesen, Planung, Umwelt und
Konversion:
Einstimmig beschlossen
Ja 9 Nein 0 Enthaltung 0
Eine Bürgerin bemängelt die nicht nachvollziehbare Zonenaufteilung im
Wertgutachten, da Zonengrenzen teilweise entlang von Straßen verlaufen würden.
Damit seien für gegenüberliegende Straßenseiten teilweise unterschiedliche
Bodenwerte und Ausgleichsbeträge festgesetzt worden. Bürgermeister Keller weist
nochmals auf die Unabhängigkeit des Gutachterausschusses hin und empfiehlt in
diesen Fällen ebenfalls ein Einzelgutachten, sofern es Zweifel am jeweiligen
Zonenwert gäbe. Ergänzend erläutert Frau Fontaine-Kretschmer, dass die
Zonenaufteilung auf dem Niedersachsen-Modell basiere und das Bebauungsumfeld
danach gebietsbezogen zu bewerten sei, was zu unterschiedlichen Beurteilungen
der rechten oder linken Straßenseite führen könne.
Abschließend wird angeregt, zur besseren Transparenz weitere
Informationen zum Niedersachsen-Modell zur Verfügung zu stellen.
Auf die Frage eines Grundstückskäufers wird klargestellt, dass alle
Eigentümer/Innen, die ein aus der Sanierung entlassenes Grundstück gekauft
haben, nicht mehr von den Ausgleichsbeträgen betroffen sind.
Danach erinnert Herr Durchdewald als Sprecher der BI Altstadt an die
alte Beschlussvorlage aus dem Jahre 2003 und bittet nach dem Vorgespräch mit
der Verwaltung und der Nassauischen Heimstätte vom 05. Mai 2015 folgende Punkte
zu erklären:
a)
Wie
kommt eine Differenz bei der Anzahl der Grundstücke und der Gesamtfläche des
Sanierungsgebietes im Vergleich zu 1985 / 2003 zustande?
Frau Fontaine-Kretschmer erläutert die
Flächenanpassung mit digitalen Plänen im Vergleich zu den ursprünglich 1985
ermittelten Grundlagen, was aber kein Nachteil für die betroffenen
Eigentümer/-innen bedeuten würde. Die Differenz von 427 zu 1.061 Grundstücken
komme zustande, da zahlreiche Grundstücke aus mehreren Flurstücken bestehen und
1.061 die ursprüngliche Anzahl der Flurstücke sei.
b)
Besteht
nach wie vor die Möglichkeit, auf Basis des Zonenwertgutachtens abzurechnen
bzw.
haben die Grundstückseigentümer/-innen
die freie Wahlmöglichkeit, alternativ auf Basis eines Einzelgutachtens
abzurechnen?
Frau Fontaine-Kretschmer bestätigt dies und
hält Einzelfallgutachten für sinnvoller, da sie die individuellen
grundstücksbezogenen Gesichtspunkte berücksichtigen. Aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes
könne aber auch weiterhin auf Basis des Zonenwertgutachtens der Ausgleichsbetrag
berechnet werden.
c)
Wie
und wann wurde die Broschüre „Altstadtsanierung Friedberg – Informationen für
Eigentümer/-Innen im Sanierungsgebiet der Stadt Friedberg“ verteilt?
Frau Fontaine-Kretschmer verweist auf die
damalige Pressemitteilung und die anschließende
Verteilung der Broschüre 2011/2 als
Hauswurfsendung. Die Broschüre liege nach wie vor im Sanierungsbüro aus. Ergänzend
führt Bürgermeister Keller aus, dass sich die Broschüre nachweislich sehr
positiv auf die Anzahl der vorzeitigen Entlassungen ausgewirkt habe.
Vorsitzende Götz regt an, die Broschüre
eingescannt an alle Ausschussmitglieder zu verteilen und ebenfalls im Internet
zur Verfügung zu stellen. Dies wird von der Verwaltung zugesagt.
d)
Sind
Straßensanierungen, die 30 Jahre zurückliegen, nicht bereits abgeschrieben und
überhaupt noch anrechenbar?
Frau Fontaine-Kretschmer teilt mit, dass
die Werte aus der Buchhaltung übernommen wurden, die die jeweilige Abschreibung
der Baumaßnahmen berücksichtige.
e)
Ist
die Festsetzungsverjährung nach dem Urteil des BVerwG nicht bereits abgelaufen?
Frau Dr. Pfeffer stellt klar, dass das
Urteil des BVerwG aus dem Jahre 2014 nicht auf das Sanierungsverfahren
Friedberg zutreffe und keine Auswirkungen habe.
Auf Nachfrage eines Bürgers bestätigt Frau Dr.
Pfeffer, dass die Ausgleichsbeträge zunächst der Stadt Friedberg zustehen und
Straßenbaumaßnahmen, die über die Unterhaltung hinausgehen, auch im
Sanierungsgebiet nach Beendigung des
Verfahrens eine Straßenbeitragspflicht auslösen.
Im Hinblick auf die laufenden Widerspruchsverfahren berichtet Frau Dr.
Pfeffer über die in Einzelfällen erfolgte fehlerhafte Anhörung durch die
Nassauische Heimstätte. Diese seien bereinigt und alle Ablösevereinbarungen
rechtskonform abgeschlossen.
Abschließend schlägt Vorsitzende Götz vor, alle offenen Fragen an die
Stadt Friedberg schriftlich bis zum 31. Mai 2015 einzureichen. Nachdem alle
Ausschussmitglieder mit dieser Frist einverstanden sind, sagt Bürgermeister
Keller die schriftliche Beantwortung bis Ende Juni 2015 zu, damit die weitere
Beratung in den städtischen Gremien noch im Juli 2015 erfolgen könne. Die in
der Sitzung angeforderten Unterlagen sollen den Ausschussmitgliedern spätestens
am 12. Mai 2015 per Mail zugehen und später mit der Niederschrift im
Bürgerportal auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Daraufhin wird die Beschlussvorlage einvernehmlich zurückgestellt.