Gremium: Haupt- und Finanzausschuss

Beschluss: zurückgestellt

Frau Dr. Pfeffer erläutert im Rahmen einer Präsentation ausführlich die gesetzlichen Grundlagen

sowie die Voraussetzungen „Gleichbehandlungsgebot“ und „Homogenität“ für die Einführung des Ausgleichsbetrages nach § 154 Abs. 2a BauGB (sog. „kleiner Erschließungsbeitrag“). Des Weiteren werden anhand einer Musterberechnung die Unterschiede der beiden Berechnungsvarianten gegenübergestellt.

 

Mitglied Bey bittet, die Präsentation allen Mitgliedern per Mail zuzusenden. Dies wird von Frau

Dr. Pfeffer zugesagt.

 

Auf Nachfrage von Mitglied Messerschmidt macht Frau Fontaine-Kretschmer deutlich, dass der Gutachterausschuss die Bodenwerte anhand einer Kaufpreissammlung berechnet und sogenannte „Referenzgrundstücke“ jeder Zone zugrunde liegen. Alle Eigentümer/-innen, die auch 2015 nicht auf Basis des erstellten Zonenwertgutachtens abrechnen möchten, können auf eigenen Wunsch den Bodenwert durch ein grundstücksbezogenes Einzelgutachten auf Kosten der Stadt Friedberg ermitteln lassen. In diesem Fällen wäre das Einzelgutachten bindend für die Höhe des zu zahlenden Ausgleichsbetrages. Diese Gutachten werden vom Gutachterausschuss für den Bereich des Wetteraukreises erstellt, da die bestellten Gutachter einen umfassenden Sachverstand aus anderen Sanierungsgebieten aufweisen und über die entsprechende Ortskenntnis verfügen. Damit seien systematisch einheitliche und gleichbehandelnde Bewertungen sichergestellt.

 

Mitglied Schmidt hinterfragt das vom Gutachterausschuss erstellte Zonenwertgutachten. Frau

Fontaine-Kretschmer informiert über die 12 gebildeten Wertzonen und deren unterschiedliche Struktur. Die bisherigen Ablösevereinbarungen seien aufgrund des Zonenwertgutachtens abgewickelt worden, da diese Eigentümer/-innen das angebotene Abzinsungsverfahren genutzt hätten. Die Bodenwertkarte soll allen Ausschussmitgliedern ebenfalls per Mail zugehen und im Internet veröffentlicht werden.

 

Auf Nachfrage von Mitglied Uebelacker erläutert Frau Fontaine-Kretschmer, dass die Bodenwertsteigerung immer zum Endpunkt der Sanierung, d. h. zum Zeitpunkt der Satzungsaufhebung oder des Bescheides, berechnet werde.

 

Aufgrund dessen ist Mitglied Hausner der Auffassung, die Sanierung zeitnah rechtskonform zu beenden, damit weitere Bodenwertsteigerungen nicht zu Lasten der Grundstückseigentümer/-innen gehen.

 

Stellvertretender Vorsitzender Klaus stellt zusammenfassend klar, dass das vereinfachte Verfahren nach § 154 Abs. 2a BauGB in Friedberg nicht mehr anwendbar sei und damit rechtswidrig wäre. Ein Wechsel der Berechnungsvariante sei rechtlich nicht möglich, da Eigentümer/-innen, die bereits Ablösevereinbarungen geschlossen hätten, nicht anders behandelt werden dürften. Nachdem im Friedberger Sanierungsgebiet auch die weitere gesetzliche Voraussetzung „Homogenität“ aus mehreren

Gesichtspunkten nicht vorliege, gäbe es zu dem von der Verwaltung vorgeschlagenen klassischen Verfahren nach § 154 Abs. 2 BauGB keine Alternative.  

 

Mitglied Beisel fragt, ob der Verwaltung eine Aussage des Gutachterausschusses für den Bereich des Wetteraukreises vom Oktober 2014 bekannt sei, wonach die Zonenwerte des Gutachtens nicht mehr gültig seien. Dies wird verneint, soll aber von der Verwaltung nochmals hinterfragt werden.

 


Daraufhin beantragt Vorsitzende Götz, die Öffentlichkeit bei der Beratung gemäß § 33 (4) der Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung und der Ausschüsse der Stadt Friedberg vom

03. Mai 2002 zu beteiligen.

 

Abstimmungsergebnis Haupt- und Finanzausschuss:

 

Einstimmig beschlossen

Ja 9  Nein 0  Enthaltung 0

 

Abstimmungsergebnis Ausschuss für Bauwesen, Planung, Umwelt und Konversion:

 

Einstimmig beschlossen

Ja 9  Nein 0  Enthaltung 0

 

Eine Bürgerin bemängelt die nicht nachvollziehbare Zonenaufteilung im Wertgutachten, da Zonengrenzen teilweise entlang von Straßen verlaufen würden. Damit seien für gegenüberliegende Straßenseiten teilweise unterschiedliche Bodenwerte und Ausgleichsbeträge festgesetzt worden. Bürgermeister Keller weist nochmals auf die Unabhängigkeit des Gutachterausschusses hin und empfiehlt in diesen Fällen ebenfalls ein Einzelgutachten, sofern es Zweifel am jeweiligen Zonenwert gäbe. Ergänzend erläutert Frau Fontaine-Kretschmer, dass die Zonenaufteilung auf dem Niedersachsen-Modell basiere und das Bebauungsumfeld danach gebietsbezogen zu bewerten sei, was zu unterschiedlichen Beurteilungen der rechten oder linken Straßenseite führen könne.

 

Abschließend wird angeregt, zur besseren Transparenz weitere Informationen zum Niedersachsen-Modell zur Verfügung zu stellen.

 

Auf die Frage eines Grundstückskäufers wird klargestellt, dass alle Eigentümer/Innen, die ein aus der Sanierung entlassenes Grundstück gekauft haben, nicht mehr von den Ausgleichsbeträgen betroffen sind.

 

Danach erinnert Herr Durchdewald als Sprecher der BI Altstadt an die alte Beschlussvorlage aus dem Jahre 2003 und bittet nach dem Vorgespräch mit der Verwaltung und der Nassauischen Heimstätte vom 05. Mai 2015 folgende Punkte zu erklären:

 

a)   Wie kommt eine Differenz bei der Anzahl der Grundstücke und der Gesamtfläche des Sanierungsgebietes im Vergleich zu 1985 / 2003 zustande?

 

     Frau Fontaine-Kretschmer erläutert die Flächenanpassung mit digitalen Plänen im Vergleich zu den ursprünglich 1985 ermittelten Grundlagen, was aber kein Nachteil für die betroffenen Eigentümer/-innen bedeuten würde. Die Differenz von 427 zu 1.061 Grundstücken komme zustande, da zahlreiche Grundstücke aus mehreren Flurstücken bestehen und 1.061 die ursprüngliche Anzahl der Flurstücke sei.

 

b)   Besteht nach wie vor die Möglichkeit, auf Basis des Zonenwertgutachtens abzurechnen bzw.

haben die Grundstückseigentümer/-innen die freie Wahlmöglichkeit, alternativ auf Basis eines Einzelgutachtens abzurechnen?

 

     Frau Fontaine-Kretschmer bestätigt dies und hält Einzelfallgutachten für sinnvoller, da sie die individuellen grundstücksbezogenen Gesichtspunkte berücksichtigen. Aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes könne aber auch weiterhin auf Basis des Zonenwertgutachtens der Ausgleichsbetrag berechnet werden.

 

c)   Wie und wann wurde die Broschüre „Altstadtsanierung Friedberg – Informationen für Eigentümer/-Innen im Sanierungsgebiet der Stadt Friedberg“ verteilt?

 

     Frau Fontaine-Kretschmer verweist auf die damalige Pressemitteilung und die anschließende

     Verteilung der Broschüre 2011/2 als Hauswurfsendung. Die Broschüre liege nach wie vor im Sanierungsbüro aus. Ergänzend führt Bürgermeister Keller aus, dass sich die Broschüre nachweislich sehr positiv auf die Anzahl der vorzeitigen Entlassungen ausgewirkt habe.

     Vorsitzende Götz regt an, die Broschüre eingescannt an alle Ausschussmitglieder zu verteilen und ebenfalls im Internet zur Verfügung zu stellen. Dies wird von der Verwaltung zugesagt.

 

d)   Sind Straßensanierungen, die 30 Jahre zurückliegen, nicht bereits abgeschrieben und überhaupt noch anrechenbar?

 

     Frau Fontaine-Kretschmer teilt mit, dass die Werte aus der Buchhaltung übernommen wurden, die die jeweilige Abschreibung der Baumaßnahmen berücksichtige.

 

e)   Ist die Festsetzungsverjährung nach dem Urteil des BVerwG nicht bereits abgelaufen?

 

     Frau Dr. Pfeffer stellt klar, dass das Urteil des BVerwG aus dem Jahre 2014 nicht auf das Sanierungsverfahren Friedberg zutreffe und keine Auswirkungen habe.

 

Auf Nachfrage eines Bürgers bestätigt Frau Dr. Pfeffer, dass die Ausgleichsbeträge zunächst der Stadt Friedberg zustehen und Straßenbaumaßnahmen, die über die Unterhaltung hinausgehen, auch im Sanierungsgebiet nach Beendigung des Verfahrens eine Straßenbeitragspflicht auslösen.

 

Im Hinblick auf die laufenden Widerspruchsverfahren berichtet Frau Dr. Pfeffer über die in Einzelfällen erfolgte fehlerhafte Anhörung durch die Nassauische Heimstätte. Diese seien bereinigt und alle Ablösevereinbarungen rechtskonform abgeschlossen.

 

Abschließend schlägt Vorsitzende Götz vor, alle offenen Fragen an die Stadt Friedberg schriftlich bis zum 31. Mai 2015 einzureichen. Nachdem alle Ausschussmitglieder mit dieser Frist einverstanden sind, sagt Bürgermeister Keller die schriftliche Beantwortung bis Ende Juni 2015 zu, damit die weitere Beratung in den städtischen Gremien noch im Juli 2015 erfolgen könne. Die in der Sitzung angeforderten Unterlagen sollen den Ausschussmitgliedern spätestens am 12. Mai 2015 per Mail zugehen und später mit der Niederschrift im Bürgerportal auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

 

Daraufhin wird die Beschlussvorlage einvernehmlich zurückgestellt.