Sitzung: 25.11.2015 Ortsbeirat des Stadtteils Bauernheim
Bürgermeister Keller ergreift das Wort. Er stellt die Zuweisungsquoten
des Wetteraukreises (WK) vor. Demnach werden im IV. Quartal seitens des WK 165 Flüchtlinge der Stadt
Friedberg zugewiesen.
Weiterhin erläutert der Bürgermeister, dass die Stadt Friedberg Teil des
Systems ist. Er präsentiert Vergleichswerte aus Bad Nauheim, Bad Vilbel und
Butzbach.
Der Ausblick in das Jahr 2016
zeigt die geplante Unterbringung der Flüchtlinge in Form von Holzhäusern
in der Nähe des Globus-Baumarktes, in Teilen der Kasernengebäude, in der
Stadthalle und in einem Wohnhaus auf der Kaiserstraße. Er macht deutlich, dass
der Brandschutz nicht außer Kraft gesetzt werden kann, auch Bauanträge müssten
gestellt werden.
In der Kaserne ist geplant, eine Erstaufnahme einzurichten sowie 1.000
Flüchtlinge dauerhaft unter zu bringen.
Der Bürgermeister stellt die Absichten der Stadt Friedberg vor, dass das
Dorfgemeinschaftshaus (DGH) in Bauernheim nicht als dauerhafte Lösung für die
Flüchtlingsunterbringung eingerichtet werden soll.
Das Konzept sieht eine Trennung von Frauen mit Kindern und Männern vor.
Zudem soll oben geschlafen und unten gegessen werden. Einige kleine
Umbaumaßnahmen sind von Nöten um die Planung umzusetzen.
Die Versorgung wird eine Catering-Firma übernehmen. Von 8 bis 20 Uhr
sind Betreuer vor Ort, von 20 bis 8 Uhr wird eine Security-Firma vor Ort sein.
Erster Stadtrat Ziebarth (E.S.Z.) unterstützt Bürgermeister Keller und
teilt mit, dass alle bekannten und erlangten Leerstände belegt sind. Er
bedauert, dass die Belegung des DGH verhältnismäßig spät thematisiert wird.
Jedoch hat die Stadt selbst das Zuweisungsschreiben des Wetteraukreises (WK)
erst im Oktober 2015 erhalten. Demzufolge werden konsequent alle Flüchtlinge an
die Stadt weiter gegeben, die zeitnah für eine angemessene Unterbringung zu sorgen
hat.
Es wurde abgewogen, die Häuser, die am wenigsten Eingriffe in die
Vereinsarbeit haben, zu benutzen. Der Jugendraum kann für den
Konfirmanden-Unterricht genutzt werden, der Tischtennisverein (TT) kann in
Friedberg, in der Augustiner-Schule trainieren. Es gibt auch andere
Möglichkeiten für die Vereine.
Ortsbeiratsmitglied (OB-Mitglied) Scharfe äußert Bedenken, dass es sich
um eine Übergangslösung handeln soll. Wenn die Unterbringungen in Friedberg
voll sind, kann Bauernheim nicht geräumt werden.
Weiter fragt sie, ob es eine Vorstellung davon gibt, wie häufig am Tag
sie mit dem Auto aus Bauernheim raus fahren muss. Beiläufig erwähnt sie die
schlechten Verbindungen von Dorheim nach Bauernheim für die Singberg-Schüler,
konkretisiert jedoch dass es um die Mehrbelastung geht, wenn die Kinder bzw.
Enkelkinder zum Training nach Friedberg gefahren werden müssen.
Bürgermeister Keller lenkt ein und teilt mit, dass es einen Bus nach
Friedberg zum Seniorentreff geben wird. In diesem Zusammenhang bietet er an,
einen Bus zu organisieren, der die Kinder dann auch zum TT-Training fährt. Er
bittet darum, weitere Anliegen dieser Art an die Stadt heran zu tragen, damit
eine Lösung gefunden werden kann.
Auch für die Veranstaltung des Gut-Fuß im Mai 2016 wird es eine vernünftige
Lösung geben.
OB-Mitglied Ludwig-Steinborn kritisiert, dass sich im Vorfeld viel mehr
Gedanken hätten gemacht werden müssen, wo die Flüchtlinge untergebracht werden
können.
OB-Mitglied Steinborn bittet um Auskunft, wie lange das DGH ausfallen
wird.
Bürgermeister Keller antwortet, dass sie in allen Fragen abhängig von
Kreis und Land sind. Er geht von einem halben Jahr aus, hofft jedoch, dass ein
kürzerer Zeitraum ausreicht. Bei der Kaserne geht er von zwei bis drei Jahren
aus. Eine Dauerlösung sieht er im DGH Bauernheim jedoch nicht. Er betont, dass
das für alle keinen Sinn macht. Gerade im Winter sind anständige Unterkünfte
jedoch wichtig und betont erneut, dass es sich um eine Zwischenlösung handelt.
Die Bevölkerung soll Probleme benennen, damit anschließend darauf
eingegangen werden kann.
OB-Mitglied Steinborn fragt nach der Zusammensetzung der Flüchtlinge
nach Nationalität, Geschlecht und Glaube.
Diese Frage kann Erster Stadtrat Ziebarth nicht beantworten.
Rückblickend kann er nur sagen, dass er von Familien und zwei jungen Männern
aus Afghanistan weiß. Das Zusammenleben scheint zu funktionieren. Von negativen
Erfahrungen ist ihm nichts bekannt.
OB-Mitglied Scharfe fragt, welche Flüchtlinge nach Bauernheim kommen werden.
Dies kann Erster Stadtrat Ziebarth nicht beantworten.
OB-Mitglied Steinborn fragt, ob bekannt ist, ob es sich um Schiiten oder
Sunniten handelt. Dies wurde ebenfalls verneint.
Ordnungsamtsleiter Jürgen Schlerf teilt mit, dass sie selbst nur ein
paar Tage Vorlauf haben. Sie wissen selbst nicht, wann das DGH belegt wird.
Vielleicht am 15.12., vielleicht aber auch am 15.01. In erster Linie geht es
darum, eine Planung für verantwortliches Verhalten vorzuhalten. Der Status der
Flüchtlinge ist unklar. Die Stadt steht vor dem riesigen Problem, dass sie
keine Planungssicherheit hat. Sie planen quasi in´s „Blaue“. In den nächsten 14
Tagen sollen 36 junge Männer kommen. Welche Menschen nach Bauernheim kommen,
kann niemand sagen.
Erster Stadtrat Ziebarth stellt nochmal klar, dass es Ärger geben wird,
wenn die Flüchtlinge auf dem Hof stehen, die Stadt aber keinen Plan hat. Dies
ist für niemand hilfreich.
Hierzu ergänzt Bürgermeister Keller, dass auch der Wetteraukreis nicht
weiß, wie viele und welche Flüchtlinge kommen.
OB-Mitglied Stey berichtet von 700
Flüchtlingen in Oberursel, wo der Boden der Flüchtlingsunterbringung
aufgerissen wurde, um Steckdosen für die Flüchtlinge zu installieren, damit die
Handys geladen werden können.
Bürgermeister Keller tut nochmals kund, dass das Ziel der Stadt ist, die
Obdachlosigkeit abzuwenden. In Hessen gibt es wenige Zelte. Fast jeder
Flüchtling hat ein Bett oder eine Bridge bei Einheimischen und anderen
Flüchtlingen.
OB-Mitglied Ludwig-Steinborn rügt abermals, dass die Stadt wusste, dass
Flüchtlinge kommen werden und fragt erneut, weshalb in der Vergangenheit nichts
vorbereitet wurde.
Hierauf antwortet BGM Keller, dass sie nicht klüger seien als die
Bundesregierung. Im Frühjahr dachten sie noch, dass jeder Flüchtling vernünftig
untergebracht werden könne. Dass die Zahlen von geplanten 50 auf tatsächlich
150 Flüchtlinge ansteigen, wusste niemand. Sein Ziel ist es, die Kaserne in
Gang zu bekommen, mit Wasser- und Gasversorgung. Das Land Hessen unterstützt
dabei.
OB-Mitglied Ludwig-Steinborn fragt gezielt nach der Stadthalle.
Der Bürgermeister teilt mit, dass sie um die Stadthalle und das
Stadthallen-Hotel bemüht sind. Es muss ein Bauantrag gestellt werden, denn es
sind Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen, nicht zuletzt, weil das
Sicherheitsbedürfnis steigt.
OB-Mitglied Scharfe möchte eine Antwort auf ihre Frage, was passiert,
wenn es aufgrund unterschiedlicher ethnischer Gruppen zu Schlägereien unter den
Flüchtlingen kommt?
Ordnungsamtsleiter Schlerf berichtet von sechs unterschiedlichen
Nationalitäten, die friedlich zusammen wohnen. Die ca. 30 Flüchtlinge können
sich, bevor es zu Ausschreitungen kommt, an die pädagogische Betreuung tagsüber
und die Nachtbewachung wenden.
Nachdem OV Hausner das Publikum (P) des Öfteren um Ruhe gebeten hat,
gibt er dem Publikum die Möglichkeit Fragen zu stellen.
P: fragt, was die Flüchtlinge in ihrer Freizeit machen.
Ortsvorsteher Hausner bemängelt ebenfalls die fehlende Infrastruktur in
Bauernheim.
P: Es soll kein „Nidda“ nach Bauernheim. Es wird gefragt, wer die
Flüchtlingsunterbringung kennt. Darauf folgt die Frage, wer die Kosten der
Wiederherstellung trägt.
Bürgermeister: Die Errichtung, die Folgekosten und die Wiederherrichtung
werden über Steuergelder finanziert.
P: Eine Stimme fragt aus dem Publikum, da der Zustrom nicht abnimmt, was
passiert, wenn die Kapazitäten erschöpft sind.
Bürgermeister: Es wird Holzhäuser und andere Möglichkeiten über die
Bundesregierung geben. In der Flüchtlingsfrage ist der BGM auch nicht weiter
involviert, er sei nur ein „Land-Bürgermeister“.
In der Kaserne gibt es noch Mannschaftsgebäude. Wir reden über 1.000+
Flüchtlinge.
P: Werden Zwischenwände im Boden verankert?
Bürgermeister: Nein, es werden „spanische Wände“ gestellt.
P: Eine Frau berichtet, sie sei aus Maintal/Dörnigheim auf das Land
gezogen, ohne Infrastruktur, da ihre Kinder in Maintal von Flüchtlingen
angesprochen worden seien.
Sie möchte wissen wie das in Bauernheim aussieht und wie im Ort auf die
Sicherheit geachtet wird?
Ordnungsamtsleiter Schlerf entgegnet, dass die Flüchtlinge betreut
werden. In Friedberg gibt es keine Probleme, das weiß er aus eigenen
Erfahrungen. Wenn er sie mal sieht, sind sie freundlich.
P: Die Frau berichtet weiterhin, dass es Übergriffe von Syrern auf
Ältere gab, denen man nachsagt, dass sie gebildet und anständig seien.
Jetzt wird Bauernheim das DGH weggenommen. Das einzige, was Bauernheim
hat und wo die Freizeit gestaltet werden kann.
Sie ist der Meinung, dass es Ausschreitungen geben wird, weil nicht
sicher ist, dass nur Familien oder Syrer herkommen.
Bürgermeister stimmt zu, dass es zu
Problemen kommen kann. Es wird jedoch eine Steuerung geben und Ansprechpartner
sind vor Ort.
P: Es wird nach einem zweiten Fluchtweg
gefragt.
Dies wird durch Herrn Weinert bejaht, man
kann durch die alte Schule hinausgehen.
P: Es wird sich erkundigt, wo sich die
Flüchtlinge aufhalten können?
Erster Stadtrat Ziebarth erwidert, dass es
sich um freie Menschen handelt. Sie können raus gehen, nach Friedberg fahren
oder wenn es kalt ist, runter in den Bereich gehen.
P: Eine Anwohnerin hat eine Bürgerhilfe
gegründet, die aus 17 Personen besteht. Sie hatten das zweite Treffen.
Weiterhin berichtet sie, in welcher Form sich eingebracht wird und was sie
anbieten möchten. Unter anderem Deutschkurse und Beschäftigungen für Kinder und
Erwachsene. Einwohner werden aufgefordert hervorzutreten und mit zu helfen.
Bürgermeister: berichtet davon, wie nett es
ist, sich über die Erfahrungen der Flüchtlinge auszutauschen. Die Bürger werden
nach der Belegung des DGH eingeladen um mit den Flüchtlingen Kontakt aufnehmen
zu können. Seine Erwartung ist, dass sich die Bauernheimer mit den Menschen
adäquat auseinander setzen.
P: Ein Anrainer des DGH legt großen Wert
darauf, keine Lärmbelästigung zu haben. Dies ist seit Jahrzehnten bekannt.
Weiterhin bittet er um Ordnung und Sauberkeit.
P: Einheimischer möchte nochmal klar
gestellt haben, ob es sich um eine Erstaufnahme oder Unterkunft handelt.
Bürgermeister: stellt klar, dass diese
Menschen bereits einen Asylantrag gestellt haben und dann zugewiesen werden.
P: Weiterhin habe er den Medien entnommen, dass
eine vertretbare Zahl von Flüchtlingen im Verhältnis zur übrigen Bevölkerung
1,5% bis 2% betragen sollten.
33 Personen sind jedoch 5%, was er für eine
Überbeanspruchung für Bauernheim hält.
Bürgermeister: bemerkt, dass es keine
Richtsätze gibt. Bauernheim wird die Kraft haben, sich damit auseinander zu
setzen. Er sagt, dass die Stadt für Bauernheim zur Verfügung steht.
P: ein weiterer Anrainer fragt, wie es mit
der Frequentierung der Autos von Security, Betreuungspersonal und Caterer aussieht,
da er eine Lärmbelästigung befürchtet und Bedenken hat, selbst einen Parkplatz
zu finden. Er fragt weiterhin, ob es angedacht ist, einen Bauzaun o.ä. zu
errichten. Davon habe er gehört.
Schlerf: Es steht hinter dem DGH ein
Parkplatz zur Verfügung. Einen Zaun wird es nicht geben, die Menschen werden
nicht eingesperrt. Zäune gibt es nur in Erstaufnahmeeinrichtungen.
Bürgermeister ergänzt: Es gibt viele
Einrichtungen, aber keine hat einen Zaun. Dieser habe nach außen keine Wirkung,
er dient nur als Status bei Erstaufnahmeeinrichtungen.
P: eine weitere Wortmeldung fragt nach den
erforderlichen Umbauarbeiten der Duschen, die sich in einem
erneuerungsbedürftigen Zustand befinden. Der zumutbare Bereich sei hier
überschritten.
Herr Weinert bietet die Möglichkeit von
Containern mit Sanitäreinrichtung an. Für acht Menschen eine Dusche sei dann
eingehalten.
P: ein Einheimischer fragt nochmals nach, ob
es sich um einen „Notfallplan“ für 33 Personen handelt
Bürgermeister: berichtet davon, dass Nidda
als Überlaufeinrichtung für 1.000 Menschen vorgesehen war. Es kamen nur ein
paar Hundert. Morgens sind 200 Personen weg gewesen. Aktuell sind es noch 300
Flüchtlinge. Die Menschen werden kommen, aber niemand weiß, wann.
In Gießen ist die Erstaufnahme. Eine kommunale
Einrichtung als Zwischenbereich für die Stadt Friedberg.
Auch Ordnungsamtsleiter Schlerf hat keine
Idee, wann und wie viele Flüchtlinge kommen. Es sollten zwei Wochen Vorlauf
sein. Die Stadt bekommt jedoch erst eine
Woche vorher Bescheid.
P: Pfarrer Gronau hebt hervor, dass Menschen
kommen. Er berichtet von den sechs Somali aus Dorheim (fünf davon sind
Muslime), die alle Deutschunterricht nehmen, sie haben in der Heimat
gearbeitet, zwei spielen in Dorheim Fußball.
Sie haben viel und Schlimmes erlebt. Es
kommen Menschen! Ihm ist bewusst, dass das Vereinsleben nicht mehr so
stattfinden kann. Die Verärgerung darf sich nicht gegen die Menschen stellen.
Es gibt genug, die helfen, dass die Flüchtlinge nicht „rumlungern“. Pfarrer
Gronau glaubt, dass die Einwohner davor Angst haben.
P: es erkundigt sich jemand, dass bei der
drohenden Überbevölkerung geholfen werden soll oder auch, dass geholfen werden
muss. Darüber sind sich alle einig. Jedoch reißt der Flüchtlingsstrom nicht ab.
Was macht die Kreispolitik da?
Bürgermeister Keller beantwortet diese Frage
nicht, weil sie nicht zur OB-Sitzung nach Bauernheim gehört.
P: ein einheimischer Vater fragt nach, ob
das defekte Klettergerüst auf dem Spielplatz bei den Umbauarbeiten gleich mit
repariert werden kann.
Bürgermeister Keller bejaht dies mit einem
Schmunzeln.
P: ein weiterer Anwohner hat gehört, dass
die Flüchtlinge hier alle schnelles Internet fordern. Wird das für Bauernheim
durchgesetzt?
Dies verneint Bürgermeister Keller, da die
Telekom die Erstzugriffsrechte bis Ende 2017 hat.
Die Breitband-Internetgemeinschaft
Oberhessen (BIGO) kann sich nicht durchsetzen.
Ortsvorsteher Hausner betont abermals, dass
Bauernheim über keine Infrastruktur verfügt. Nicht mal ein Arzt ist vor Ort.
Weiterhin hofft er auf ein neues DGH, da das Dach seit mehreren Jahren undicht ist.
Er sieht die Sachlage skeptisch, und bleibt dabei, dass das DGH als
Notunterkunft nicht geeignet ist. Er erwartet aber, dass es im Anschluss der
Nutzung komplett renoviert wird.