Betreff
216. Vergleichende Prüfung „Haushaltsstruktur 2019: Mittlere Städte“
Vorlage
16-21/1467
Aktenzeichen
Art
Mitteilungsvorlage

Der Schlussbericht des Landesrechnungshofs über die 216. Vergleichende Prüfung „Haushaltsstruktur 2019 - Mittlere Städte“ wird zur Kenntnis genommen.

 

Sachliche Darstellung:

 

Ziel der regelmäßigen Vergleichenden Prüfungen des Landesrechnungshofs ist die Feststellung der Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sachgerechtigkeit des Verwaltungshandelns und die Beurteilung der Haushaltslage der geprüften Städte im Prüfungszeitraum. In die 216. Vergleichende Prüfung waren 14 hessische Städte einbezogen. Der Prüfungszeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2016 – 2018; teilweise wurden auch Daten des Jahres 2019 sowie Daten der Jahre 2014 und 2015 mit herangezogen.

 

Die Haushaltslage der Stadt Friedberg (Hessen) wurde von den Prüfern im Betrachtungszeitraum als konsolidierungsbedürftig bewertet.

 

Die Stadt Friedberg (Hessen) hatte aus Sicht der Prüfer zum Zeitpunkt der Prüfung ein rechnerisches Ergebnisverbesserungspotenzial in Höhe von 4.447.959 EUR. Dies setzt sich zusammen aus den Bereichen …

 

Wirtschaftlichkeit                            1.359.522 EUR

o    Allgemeine Verwaltung (Personalaufwendungen)                                              229.752 EUR

o    Kinderbetreuung                                                                                              883.233 EUR

§  Verlagerung der Schulkinderbetreuung auf die Schulen        351.377 EUR

§  Kürzung der durchschnittlichen Betreuungsdauer in Kitas    

§  Optimierte Auslastung der Kitas (Ziel 95 % statt 93 % im Prüfungszeitraum)

§  Reduzierung der Personalausstattung in den Kitas (in städtischen Einrich-

tungen 2,3 Fachkräfte / Gruppe festgestellt (statt Mindeststandard 2,01 lt.

Gesetz), bei freien Trägern 2,44 Fachkräfte / Gruppe = „rechnerischer

Minderbedarf - 5,41 VZÄ“)                                                   289.832 EUR

§  Erhöhung der Elternbeiträge                                               242.024 EUR

o    Gebührenhaushalte: zu niedrige Wasser- und Friedhofgebühren                        246.537 EUR

 

 

 

Steuereinnahmen                    3.088.437 EUR

(Potenziale ggü. maximalem Hebesatz des Quervergleichs lt. Landesrechnungshof)

o    Grundsteuer A (maximaler Hebesatz des Quervergleichs: 510 v.H.)                55.049 EUR

o    Grundsteuer B (maximaler Hebesatz des Quervergleichs: 790 v.H.)            2.706.457 EUR

o    Gewerbesteuer (maximaler Hebesatz des Quervergleichs: 410 v.H.)             326.931 EUR

 

Aufgrund der konsolidierungsbedürftigen Haushaltslage empfiehlt der Landesrechnungshof der Stadt Friedberg (Hessen), die aufgezeigten Ergebnisverbesserungspotenziale und den möglichen Verzicht auf freiwillige Leistungen für die Haushaltskonsolidierung zu nutzen.

 

U.a. folgende Feststellungen haben die Prüfer im Übrigen getroffen und folgende Empfehlungen gegeben:

 

S.

Feststellung / Empfehlung lt. Landesrechnungshof

Anmerkung der

Verwaltung

7,

26 f.

Hebesatz der Grundsteuer A liegt um 32 Prozentpunkte unter dem landesweiten Nivellierungssatz – Empfehlung: Anhebung auf Nivellierungssatz

ist umgesetzt (Haushaltssatzung 2020)

8,

41 - 44

Allgemeine Verwaltung: Ergebnisverbesserungspotenzial bei Personalaufwendungen (Vergleich erfolgte anhand der Vollzeitäquivalente (VZÄ) in allen geprüften Städten)

VZÄ in FB entsprechen dem Mittelwert der geprüften Städte (s. S. 5)

8,

48 - 51

Kinderbetreuung: „Annahme, dass theoretisch 80 Prozent der Aufwendungen – bei einer Verlagerung der Schulkinderbetreuung auf Schulen – abgebaut werden können“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Entscheidung über die Standards der Kinderbetreuung in Friedberg obliegt den städtischen Gremien. Hierzu erfolgen Empfehlungen im Rahmen der Haushaltsvorlage für 2021.

8,

51 f.

Kinderbetreuung: „Die durchschnittliche Betreuungsdauer lag bei 7,83 Stunden und war somit über dem Median von 7,26 Stunden.“

8,

52 - 54

Kinderbetreuung: „Die Stadt Friedberg (Hessen) lag über alle Kindertageseinrichtungen bei einer Auslastung von 93 Prozent und erreichte die Zielsetzung von 95 Prozent nicht. Es lagen zum Stichtag Überkapazitäten vor.“

8 f.,

54 - 61

Kinderbetreuung: Die Fachkräfteausstattung lag in städtischen Einrichtungen mit 2,30 je Gruppe über dem Bewertungsmaßstab des Landesrechnungshofs (2,21) und über dem gesetzlichen Mindeststandard (2,01). Der Ist-Standard  über alle Einrichtungen der freien Träger lag bei 2,44 Fachkräften je Gruppe.

9,

61 f.

 

 

63 f.

 

 

 

65

 

 

68 f.

 

 

 

72 f.

 

Kinderbetreuung:

·   „Insbesondere die niedrigen U3-Elternbeiträge beim neun- und zehnstündigen Betreuungsangebot führen zu hohen Anmeldezahlen bei dieser teuren Betreuungsdauer.“

·   Die Höhe des mittleren Stundensatzes der Elternbeiträge bei Kindern zwischen 0 und 2 Jahren und zwischen 2 und 3 Jahren erachten die Prüfer als „nicht sachgerecht“ und empfehlen, eine Differenzierung bei diesen Beiträgen vorzunehmen.

·   Die Höhe des mittleren Stundensatzes bei Kindern zwischen 3 und 6 Jahren erachten die Prüfer als „nicht sachgerecht“. Der mittlere Stundensatz in Friedberg lag unter dem Mittelwert der geprüften Städte.

·   Auch bei der Betreuung von Kindern zwischen 3 und 6 Jahren ergibt sich aus Sicht der Prüfer aufgrund der „verhältnismäßig niedrigen Elternbeiträge für die acht- bis zehnstündige Betreuung“ ein Ergebnisverbesserungspotenzial.

·   Die unterschiedlichen Zuschussbedarfe in eigenen Einrichtungen und in Kindertageseinrichtungen freier Träger sollten von der Stadt hinterfragt werden.

 

S.

Feststellung / Empfehlung lt. Landesrechnungshof

Anmerkung der

Verwaltung

74 – 76

 

 

 

76 f.

Freiwillige Leistungen: Empfehlung, „Bereiche mit Fehlbeträgen, die höher sind als der jeweilige Median bei Sport, Kultur und sonstigen freiwilligen Leistungen, für die Haushaltskonsolidierung mit heranzuziehen“
(= v.a. Jugendarbeit, Museen, Büchereien, Heimat und Kultur, Musik, Bürgerhäuser)

Bei der Stadt Friedberg wurden „Auffälligkeiten bei der vorhandenen Infrastruktur festgestellt“. Friedberg hatte „im Quervergleich mit einer Anzahl von 12 einen Wert oberhalb des Median im Bereich Sportplätze und Sporthallen“.

 

 

 

Die Entscheidung über die künftigen Standards obliegt den städtischen Gremien im  Rahmen der Haushaltsberatungen.

77

Grünflächen, Verkehrsflächen:  Empfehlung der Prüfer, die Bereiche mit Fehlbeträgen, die höher sind als der jeweilige Median, für die Haushaltskonsolidierung mit heranzuziehen (= öffentliches Grün und Gewässer, Straßenbeleuchtung, Parken, Forst).

10

82 f.

 

 

Kostendeckende Gebührenhaushalte:

·         Überdeckung im Gebührenhaushalt Abwasser 2014 – 2016 in Höhe von 108 TEUR [Hinweis der Verwaltung: Jahresabschlüsse 2017 und 2018 lagen zum Prüfungszeitpunkt aufgrund erforderlicher „Aufholjagd“ für zahlreiche versäumte Vorjahre noch nicht vor] - Empfehlung der Prüfer zur Nachkalkulation und Ausgleich in folgenden 5 Jahren

 

·         Unterdeckung in den Gebührenhaushalten Wasser und Friedhof 2014 – 2018 – die Stadt verzichtete auf Mehreinnahmen in Höhe von 1,2 Mio. EUR (jährlich rd. 246,5 TEUR) – Empfehlung zur Einkalkulierung in Gebühren der nächsten 5 Jahren

 

ist in Bearbeitung, Vorlage inkl. Vergangenheitsbewältigung folgt nach Testat des JA 2019

 

ist in Bearbeitung, Vorlage folgt bis Ende 2020

 

10,

91 - 93

Digitalisierung: Empfehlung, das Ratsinformationssystem zu nutzen und auf Parallelausdruck von Papier zu verzichten

Pilotphase mit Magistrat in 2020, danach Übertragung der Erkenntnisse auf alle Gremien nach Kommunalwahl 2021

91

Digitalisierung: Empfehlung zur Untersuchung von Optimierungspotenzialen in den Bereichen Druck und Versand

wird geprüft

91

Digitalisierung: Empfehlung, ein automatisiertes Verfahren zum Verbuchen von Bankbewegungen einzuführen

ist umgesetzt

11, 100

Verankerung der Prüfungsrechte gem. § 54 HGrG zugunsten des Rechnungsprüfungsamts und des Landesrechnungshofs: Stadt soll darauf hinwirken, dass diese bei allen Betätigungen (Beteiligungen) eingerichtet werden

gilt gem. §§ 123,

§ 123a HGO i.V.m. § 53 HGrG für Unternehmen in Pri­vatrechtsform
(Wobau GmbH), Umsetzung wird geprüft

11, 100 f.

Angaben zu Gesamtbezügen der Mitglieder des jeweiligen Geschäftsführungsorgans: Stadt soll darauf hinwirken, dass diese in die Jahresabschlüsse oder Beteiligungsberichte aufgenommen werden

12,

106 ff.

Internes Kontrollsystem: zu viele Mitarbeiter/innen mit Administratorenrechten – Empfehlung: Reduzierung der Zahl der vergebenen Rechte

ist umgesetzt

12, 108

Internes Kontrollsystem: zu viele Mitarbeiter/innen mit kritischen Rechtekombinationen - Empfehlung: Reduzierung der Zahl

ist umgesetzt

12, 109

Internes Kontrollsystem: Löhne und Gehälter können über Software LOGA durch eine/n Mitarbeiter/in allein zur Auszahlung gebracht werden - Empfehlung: Kontrollschritt einführen, sichere Zahlungsabwicklung über automatische Schnittstelle gewährleisten

wird gemeinsam

mit ekom21 geprüft

S.

Feststellung / Empfehlung lt. Landesrechnungshof

Anmerkung der

Verwaltung

12,

109 f.

Interkommunale Zusammenarbeit: findet bereits auf verschiedenen Feldern statt, ist aber noch ausbaufähig

vgl. zuletzt Stv-Info  20.2.20, Top 1.5

12 f.,

102 f.

 

Aufstellung von Jahresabschlüssen: gesetzliche Fristen der Jahresabschlüsse im Betrachtungszeitraum (2014 -  2018) nicht eingehalten; Empfehlung, fehlende Jahresabschlüsse zeitnah aufzustellen, um sicherzustellen, dass künftige Entscheidungen auf validen Ist-Zahlen beruhen; zudem Empfehlung, mit dem Wetteraukreis eine Strategie zum Abbau des Prüfungsstaus zu entwickeln

ist kontinuierlich in Bearbeitung, Abhängigkeit von personellen Fach-Ressourcen zur Aufarbeitung der außerordentlichen Altlasten (neben umfangreichem laufendem Tagesgeschäft), von der Verfügbarkeit dokumentierter Sachverhalte aus früheren Jahren u.v.m.

10 f.,

 

94 - 98

Aufstellung des Gesamtabschlusses 2015 erfolgte nicht fristgerecht gem. § 112 Abs. 5 – 8 HGO;

verschiedene Arbeitsschritte zur Aufstellung des Gesamtabschlusses waren zum Zeitpunkt der Prüfung noch nicht umgesetzt

setzt geprüften JA 2015 der Stadt voraus – derzeit erst 2013 in Prüfung !

 

Seit Abschluss der Vergleichenden Prüfung (Sommer/Herbst 2019) wurden einige Empfehlungen der Prüfer bereits umgesetzt (z.B. Anpassung der Grundsteuer A an den landesweiten Nivellierungshebesatz, Optimierung des Internen Kontrollsystems durch Reduzierung der Zahl der Mitarbeiter/innen mit Administratorenrechten und kritischen Rechtekombinationen) oder befinden sich aktuell in Bearbeitung (z.B. Prüfung von Optimierungspotenzialen in den Bereichen Druck und Versand, Erweiterung der Digitalisierung in der Arbeit der städtischen Gremien). Die Umsetzung anderer Empfehlungen obliegt zu gegebener Zeit der Grundsatzentscheidung der städtischen Gremien; hierzu gehören u.a. die Fachkräfteausstattung der städtischen Kitas auch über den gesetzlichen Mindeststandard hinaus, die Gestaltung der Höhe der Elternbeiträge für die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen, die etwaige Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B bis auf den Höchstsatz im Quervergleich, die vom Landesrechnungshof angeregt wurde (dies wären 790 Punkte) u.a.m.

 

Die Thematik der noch aufzuarbeitenden mangelhaften Jahresabschlüsse aller zurückliegenden Jahre und des bestehenden umfänglichen Prüfungsstaus (aktuell befindet sich der Jahresabschluss 2013 in der Schlussphase der Prüfung) mit den damit verbundenen sehr umfangeichen zeit- und kräfteraubenden Nacharbeitspflichten der Stadt, den dafür heute einzubringenden erheblichen Personalressourcen und fehlenden validen aktuellen Daten zum Finanzstatus der Stadt wird die Stadt Friedberg noch Jahre begleiten.

 

Positiv vermerkt wurde von den Prüfern u.a. der in der Stadt Friedberg erreichte Sachstand bei der Einführung des digitalen Rechnungsworkflows und der elektronischen Rechnung (Pilotprojekt im Jahr 2019), bei dem Friedberg und zwei weitere Städte gegenüber der Gesamtheit der übrigen 11 geprüften Städte (vgl. Übersicht auf S. 90) an der Spitze der Bewegung waren bzw. sind. Auch das städtische Haushaltssicherungskonzept für das Jahr 2019 als Grundlage für verschiedene erfolgreiche Maßnahmen der Haushaltssicherung in diesem Jahr wurde vom Landesrechnungshof als „strukturiert und umfangreich“ bewertet.

 

Insgesamt erscheint nach Einschätzung des Landesrechnungshofs indessen die Stabilität des Haushalts auch künftig gefährdet. Das Fazit der überörtlichen Prüfbehörde: „Die Stadt steht damit vor der Aufgabe, ihren Haushalt zu stabilisieren und in jedem Jahr auszugleichen.“