Hier:
Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 4 Absatz 3 Satz 2 desHessischen Landesplanungsgesetzes (HLPG) sowie der Öffentlichkeit nach § 9 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes (ROG) in Verbindung mit § 4 Absatz 4 HLPG - gesetzliche Frist zur Stellungnahme bis zum 24.April 2020
Beschlussentwurf:
Seitens der Stadt Friedberg werden zum
Entwurf des Landesentwicklungsplans Hessen 2020 - Raumstruktur, Zentrale Orte
und Großflächiger Einzelhandel (vierte Änderung des Landesentwicklungsplans
Hessen 2000) folgende Bedenken und Anregungen vorgetragen:
Bedenken zum
Verfahren
- Es
bestehen Bedenken dagegen, dass die Kommunen nicht, wie auch vom
Hessischen Städtetag gefordert, bereits im Vorfeld stärker in ein
Vor-Abstimmungsverfahren eingebunden wurden. Nur eine vollständige
Einbindung von Anfang an stellt sicher, das neue und anstehende
Entwicklungen seitens der Kommunen konkret benannt und in den Prozess
eingebracht werden können
- Zur
Prüfung des Änderungsentwurfes sollte den Städten und Gemeinden eine
Herausarbeitung der vorgesehenen Änderungen in Form einer
Gegenüberstellung zur Verfügung gestellt werden
- Da die
landesplanerischen Inhalte in die Flächennutzungsplanung Eingang finden
müssen, wird die zeitgleiche
Änderung von Landesentwicklungsplan (LEP) und Fortschreibung des
Regionalen Flächennutzungsplanes (RegFNP) sehr kritisch gesehen.
Bedenken zum
Inhalt
Zentrale Orte
Grundsätzlich wird die
Einstufung als „Mittelzentrum in
Kooperation im Verdichtungsraum
(V II) – Mittelzentrale
Kooperation mit Teilfunktionen eines Oberzentrums“ (als logische Folge der
vorherigen Einstufung „Mittelzentrum mit teilweiser Funktion eines
Oberzentrums“) begrüßt.
Es bestehen jedoch
erhebliche Bedenken, dass für Friedberg und Bad Nauheim
damit künftig über das
in § 2 Abs. 2 BauGB verankerte Abstimmungsgebot hinaus die
Erforderlichkeit der interkommunalen
Aufgabenteilung bzw. des Verbundgedankens in künftig formalisierten
Kooperationsvereinbarungen besteht. Hierin wird ein Verstoß gegen die
grundgesetzlich geschützte Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz
gesehen.
Begründung
Im bisher geltenden
Landesentwicklungsplan aus dem Jahr 2000 sind die Städte Friedberg und Bad
Nauheim auf Grund ihrer jeweiligen vorhandenen Infrastruktur und
Versorgungsstruktur als Mittelzentren
und gemeinsam mit Teilfunktionen eines Oberzentrums ausgewiesen.
Nach dem vorliegenden
Entwurf ist nun eine erhebliche
Veränderung vorgesehen, die über das Abstimmungsgebot von § 2 Abs. 2 BauGB und
über eine interkommunale Zusammenarbeit
in Einzelbereichen hinaus geht und in die grundgesetzlich geschützte
Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz eingreift.
Gemäß dem Entwurf des
Landesentwicklungsplans sollen die Städte Friedberg und Bad Nauheim (in dieser
Konstellation) als einzige Kommunen in Hessen als „Mittelzentrum in Kooperation
im Verdichtungsraum (V II) - Mittelzentrale Kooperation mit Teilfunktionen
eines Oberzentrums “ ausgewiesen werden; damit wäre dieser Status zunächst zwar
festgeschrieben, es bleibt aber unklar, in welchem Zeitraum, welchem Umfang und
welchen Teilfunktionen derartige Kooperationen formal/vertraglich abzuschließen
sind und welche Folgen ein vollständiges oder auch nur ein teilweises Scheitern
der geforderten Kooperationen oder der Abschluss oder das mögliche Scheitern
von Kooperationen nur in Teilbereichen hätten.
Im Entwurf des LEP (Seite 29) ist allgemein nur formuliert, dass
Mittelzentren mit Teilfunktionen eines Oberzentrums „ausgewählte oberzentrale
Einrichtungen bedarfsgerecht bereitzustellen“ haben.
Hier bedarf es einer
Konkretisierung durch den Gesetzgeber.
Zudem ist darauf zu verweisen, dass das
Vorhandensein etlicher der in Mittel- und Oberzentren vorzuhaltenden
Versorgungseinrichtungen (S. 35/36 und S. 39) nicht in der kommunalen
Entscheidungsbefugnis und im kommunalen Einflussbereich liegt, sondern durch
Dritte bestimmt wird (wie z.B. Bund, Land, Bahn).
Zudem wird darüber
hinaus in Frage gestellt, dass und aus welchen Gründen eine „Bewährung“
vorgesehen ist, bei der die in den Kooperationsvereinbarungen enthaltenen
Ziele und Maßnahmen in einem 5-jährigen Turnus, das erste Mal bereits im Jahr
2026, evaluiert werden müssen. Dies widerspricht der vorgesehenen eindeutigen
Festlegung des Status im Landesentwicklungsplan.
Unklar bleibt, durch wen diese Evaluierung
erfolgen soll, welche Anforderungen und Ziele zu erfüllen sind und welche Folgen ein negatives Ergebnis
hätte. Falls die Folge eine „Herabstufung“ - durch eine Änderung des Landesentwicklungsplans
- mit entsprechenden finanziellen Folgen beim kommunalen Finanzausgleich wäre,
ist dies nicht akzeptabel und stellt einen erheblichen Eingriff in die
grundgesetzlich geschützte kommunale Selbstverwaltungsgarantie dar.
Sach- und Rechtslage:
Das Hessische Ministerium für Wirtschaft,
Energie, Verkehr und Wohnen (HMWEVW) hat den Entwurf des
Landesentwicklungsplans Hessen 2020 - Raumstruktur, Zentrale Orte und
Großflächiger Einzelhandel - (vierte Änderung des Landesentwicklungsplans
Hessen 2000) erarbeitet (s. Anlage).
Diesen hat die Landesregierung am 6. Dezember
2019 einschließlich Begründung und Umweltbericht gebilligt und beschlossen,
die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 4 Absatz 3 Satz 2 des
Hessischen Landesplanungsgesetzes (HLPG) einzuleiten sowie der Öffentlichkeit
nach § 9 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes (ROG) in Verbindung mit § 4 Absatz 4
HLPG Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die gesetzliche Frist zur
Stellungnahme beträgt zwei Monate.
Mit am 22. Januar 2020 eingegangenen
Schreiben sind der Stadt Friedberg die Unterlagen zugegangen; Gelegenheit zur
Stellungnahme besteht in der Zeit vom 3. Februar 2020 bis 24. April 2020; d.h.
dass eine Beschlussfassung spätestens in der Magistratssitzung am 02. März
erfolgen muss.
Vorbemerkung
Begriffe
Im Text des Landesentwicklungsplans
(LEP) sind die landesplanerischen
Vorgaben als Grundsatz der Raumordnung (G)
bzw. Ziel der Raumordnung (Z)
festgelegt und durch Begründungen erläutert.
Ziele der Raumordnung sind
verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder
bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen
oder zeichnerischen Festlegungen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des
Raums.
Grundsätze der Raumordnung sind
Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für
nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen.
Entwurf des
Landesentwicklungsplans Hessen 2020 - Raumstruktur, Zentrale Orte und
Großflächiger Einzelhandel (vierte Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen
2000)
Mit der vierten Änderung des
Landesentwicklungsplans Hessen 2000 sollen die folgenden raumordnerischen
Festlegungen neu gefasst werden:
- zur
landesweiten Raumstruktur (Verdichtungsraum I Ländlicher Raum) und zur gesamträumlichen Entwicklung,
- zu den
Zentralen Orten (Ober-, Mittel- und Grundzentren) einschließlich der
zentralörtlichen Daseinsvorsorge und
- zum
Großflächigen Einzelhandel.
Die vorgesehenen Änderungen des
Landesentwicklungsplans basieren auf dem Ergebnis einer vom Ministerium
eingesetzten Expertenkommission. Die Empfehlungen des Hessischen Städtetages
bezüglich der Ausarbeitung dieser Expertenkommission wurden zwar im vergangenen
Jahr übermittelt; allerdings lehnte das
Ministerium eine vom Hess. Städtetag gewünschte, frühzeitige Beteiligung der
kommunalen Spitzenverbände und der Kommunen zu diesem Papier im Vorfeld ab und
verwies auf das gesetzlich vorgegebene Beteiligungsverfahren zum Entwurf des
Landesentwicklungsplans. Der Vollständigkeit halber sind die den Mitgliedstädten
am 23.05.2019 vorgelegten Unterlagen einschließlich des Expertenberichtes
dieser Vorlage als Anlage 2 beigefügt.
Raumstrukturen
In der landesweiten Raumstruktur gehört
Friedberg, wie bisher, zur Planungsregion Südhessen.
Darüber hinaus sieht der Entwurf ein
vierstufiges System zur Unterscheidung der hessischen Raumkategorien vor:
- Verdichtungsraum
; dieser wiederum unterteilt in den Hochverdichteten Raum und den
Verdichteten Raum
- Ländlicher
Raum; diese Kategorie umfasst den Ländlichen Raum mit Verdichtungsansätzen
und den dünn besiedelten Ländlichen Raum.
Friedberg zählt, wie
auch Bad Nauheim, als Teil des Regionalverbands FrankfurtRheinMain zum
Verdichtungsraum.
Textlich ist
beschrieben, dass in der Planungsregion Südhessen der zentrale Teil der Region
(mit den Oberzentren Darmstadt, Frankfurt, Hanau, Offenbach und Wiesbaden) im
LEP als Hochverdichteter Raum (HR), in den angrenzenden Bereichen als
verdichteter Raum (VR) festgelegt
ist (s. Text LEP S. 13).
Hier besteht allerdings eine Diskrepanz zur
zeichnerischen Darstellung in der Karte auf S. 21 des Entwurfs, da in der Karte die Städte Friedberg und Bad Nauheim
als „Mittelzentren in Kooperation im Verdichtungsraum (V II)“ als Hochverdichteter Raum dargestellt sind (HVR).
Hier bedarf es einer
entsprechenden Korrektur.
Die Unterscheidung
zwischen Hochverdichtetem und Verdichtetem Raum hat Auswirkungen u.a. auf die
bei der Erschließung von Neubaugebieten einzuhaltenden Dichtewerte:
Wäre die Darstellung in
der Karte zutreffend, würde dies gemäß Tabelle S. 19 zu höheren Dichtewerten
bei der Erschließung von Baugebieten führen: Dichtewert im Hochverdichteten
Raum 40, Dichtewert im Verdichteten Raum 35.
Allerdings ist darauf zu
verweisen, dass der Regionalverband im Zuge der Fortschreibung des Regionalen
Flächennutzungsplans – unabhängig von den Festlegungen des Landesgesetzgebers –
eine Erhöhung der Dichtewerte plant.
Zentrale Orte
Zu den Zentralen Orten wird im Entwurf des
LEP folgendes ausgeführt (Originalzitate S.29):
„5.1-2 (Z) Zentrale Orte
sind Oberzentren, Mittelzentren und Grundzentren (Unterzentren und
Kleinzentren).
5.1-4 (Z) Als Oberzentren sind solche Kommunen festgelegt, die
aufgrund ihrer räumlichen Lage, ihrer jeweiligen funktionalen Ausstattung und
ihrer Entwicklungspotenziale in der Lage sind, die großräumigen Aufgaben der
Entwicklungsfähigkeit des Landes für ihre Verflechtungsbereiche langfristig zu
erfüllen.
Als Mittelzentren sind solche Kommunen
festgelegt, die aufgrund ihrer räumlichen Lage, der zu versorgenden
Bevölkerung ihrer Standortgemeinde und ihres Mittelbereichs, ihrer jeweiligen
funktionalen Ausstattung und ihrer Entwicklungspotenziale in der Lage sind,
die übergemeindlichen Aufgaben der Daseinsvorsorge langfristig und
flächendeckend zu erfüllen. Mittelzentren mit Teilfunktion eines Oberzentrums
haben darüber hinaus ausgewählte oberzentrale Einrichtungen bedarfsgerecht
bereitzustellen.
Oberzentren haben für die dortige
Bevölkerung zugleich die mittel- und grundzentralen Versorgungsaufgaben zu
leisten, Mittelzentren zugleich die der grundzentralen Versorgung. In
Einzelfällen sind Mittelzentren oberzentrale Teilfunktionen zugewiesen.
Die Oberzentren und Mittelzentren sind
im Landesentwicklungsplan Hessen abschließend festgelegt.
5.1-5 (Z) Die Wahrnehmung
gemeinsamer zentralörtlicher Aufgaben durch ober- und mittelzentrale
Kooperationen ist zu prüfen.
„Begründung
zu 5.1-1 bis 5.1-6: (Originalzitat S.30-31)
Auch vor dem Hintergrund räumlich
differenzierter Entwicklungen in Hessen kommt dem Zentrale-Orte-Konzept
weiterhin eine wichtige Bedeutung bei der Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge
in allen Landesteilen, bei der Entwicklung von Siedlungs- und Entwicklungsschwerpunkten
sowie zur Sicherung leistungsfähiger Verkehrsknotenpunkte zu.
Zur Stärkung des Zentrale-Orte-Konzeptes werden sowohl im Ländlichen
Raum als auch im Verdichtungsraum ober- und mittelzentrale Kooperationen
ausgewiesen. Wesentliche Voraussetzungen für die Ausweisung solcher
Kooperationen sind die räumliche Nähe und ein wechselseitiges
Funktionsergänzungspotential.
Das
alle Aspekte der Kooperation integrierende Querschnittsziel besteht in einer
möglichst umfassenden, wohnortnahen bzw. gut erreichbaren mittelzentralen
Versorgung der Bevölkerung des gesamten Kooperationsraumes. Mögliche
Kooperationsfelder sind im Wesentlichen die Abstimmung von Standorten des
Einzelhandels, die mittelzentralen Einrichtungen der Daseinsvorsorge hinsichtlich
Dimensionierung und Standorten, die Siedlungsflächenentwicklung und die
ortsübergreifende verkehrliche Anbindung.
Die
jeweiligen Landkreise sind in geeigneter Weise in den Kooperationsprozess
einzubeziehen.
Unter Wahrung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie sollen sich die
Kommunen hinsichtlich ihres gemeinsam definierten Verflechtungsbereiches
konzeptionell abstimmen und dabei arbeitsteilig zentralörtliche Leistungen
anbieten. Die Kooperation erfolgt auf Grundlage vertraglicher Vereinbarungen.
Hierfür kommen auch raumordnerische Verträge in Betracht. Mindestinhalte sollen
Regelungen zur Organisationsstruktur, Ziele und Maßnahmen der Kooperation, die
Aufteilung der wesentlichen zentralörtlichen Funktionen sowie ein Zeitplan zur
Umsetzung sein. Die in den Kooperationsvereinbarungen enthaltenen Ziele und
Maßnahmen sind Grundlage einer Evaluierung zur Qualität der zentralörtlichen
Zusammenarbeit, die erstmalig 2026 durchgeführt wird. Es wird angestrebt, die
mittel- und oberzentralen Kooperationen in einem fünfjährigen Turnus zu
evaluieren.
Seitens
des Landes ist beabsichtigt, die Kooperationen im Rahmen von Modellprojekten zu
begleiten und zu unterstützen.
Die Mittelzentren im Regionalverband
FrankfurtRheinMain sollen in den Bereichen Wohnungsbau und Öffentlicher
Personennahverkehr durch Kooperationen zu einer Entlastung der Metropole
Frankfurt am Main beitragen.
Ein Verflechtungsbereich ist der räumliche Bereich, dessen Bevölkerung
vom zugehörigen zentralen Ort versorgt wird. Der Verflechtungsbereich wird auf
Grundlage der vorherrschenden Orientierungsrichtung der Bevölkerung unter
Berücksichtigung der zumutbaren Entfernung zum zentralen Ort und der
Tragfähigkeit für zentralörtliche Einrichtungen abgegrenzt.“ (Ende der
Zitierung)
Die Mittelzentren werden in dem Entwurf in
sechs Kategorien eingestuft, u.a. in die Kategorie „Mittelzentren in Kooperation im
Verdichtungsraum“. Hier nehmen Friedberg und Bad Nauheim in Hessen eine
Sonderstellung ein, da sie als einzige Kommunen als „Mittelzentrale Kooperation
mit Teilfunktion eines Oberzentrums“ ausgewiesen werden sollen.
Im bisher geltenden Landesentwicklungsplan
2000 sind die Städte Friedberg und Bad Nauheim als Mittelzentren mit
Teilfunktion eines Oberzentrums ausgewiesen.
Wenn der Landesentwicklungsplan
in der vorgelegten Fassung so beschlossen würde, wäre damit der Status als Mittelzentren in Kooperationen im Verdichtungsraum - Mittelzentrale Kooperation mit
Teilfunktion eines Oberzentrums - zwar
zunächst festgeschrieben; jedoch bedürfte es laut vorliegendem Entwurf
neuerdings einer formalen/vertraglichen Kooperation mit der Stadt Bad Nauheim ,
die einer Bewährung und Evaluierung unterworfen sein soll.
Es bleibt aber unklar,
in welchem Zeitraum, welchem Umfang und welchen Teilfunktionen derartige
Kooperationen abzuschließen sind und welche Folgen ein Scheitern der
geforderten Kooperation oder der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung nur
in Teilbereichen hätten. Im Entwurf des
LEP (Seite 29) ist allgemein nur formuliert, dass Mittelzentren mit
Teilfunktionen eines Oberzentrums „ausgewählte oberzentrale Einrichtungen
bedarfsgerecht bereitzustellen“ haben.
Deshalb stellt sich die
Frage, ob sich die Kooperationsverpflichtung der Städte Friedberg und Bad
Nauheim im Einzelfall auf die Teilfunktion Oberzentrum bezieht oder zusätzlich
noch auf den Status als Mittelzentrum.
Für Oberzentren sieht
die Begründung auf Seite 35/36 des Entwurfs Versorgungseinrichtungen in den
folgenden Bereichen vor
Ø
Bildung und Kultur Hochschulen
Zentral-,
Fachbibliotheken
Überregional
bedeutsame Museen und Theater
Kongresszentrum
oder vergleichbare Mehrzweckhalle
Ø
Soziales und Sport Krankenhaus der Maximalversorgung
Überregional
bedeutsame Sportstätten
Ø
Verkehr ICE/IC-Haltepunkt
Innerstädtisches
öffentliches Verkehrsnetz
Ø
Verwaltungen/Gerichte Behörden höherer oder mittlerer
Verwaltungsebene
Gerichte
höherer oder mittlerer Instanz
Auch wenn Friedberg und
Bad Nauheim nur eine Teilfunktion als Oberzentrum haben, stellt sich die Frage,
in welchen Teilbereichen eine Kooperation erforderlich ist, was genau also die
Formulierung „ausgewählte oberzentrale Einrichtungen“ bedeutet. Durch wen
erfolgt die Auswahl der oberzentralen Einrichtungen: liegt dies in der freien
Entscheidung der Kommunen oder erfolgen Vorgaben durch übergeordnete Behörden.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass etliche Versorgungseinrichtungen ohnehin
nicht in der kommunalen
Entscheidungsbefugnis und im kommunalen Einflussbereich liegen, sondern durch
Dritte bestimmt werden (wie z.B. Bund, Land, Bahn). Geht es deshalb um die
Festschreibung des Status quo und damit um die Aufrechterhaltung vorhandener
Versorgungseinrichtungen oder um deren Ausweitung?
Außerdem bedarf es der
Klärung, ob darüber hinaus auch noch eine Kooperation auf der Ebene
Mittelzentrum erforderlich ist. Bei einem Mittelzentrum (S.39) geht der Entwurf
des LEP beispielshaft von folgenden Versorgungseinrichtungen aus
Ø
Bildung und Kultur Studienqualifizierende/berufsbegleitende
Bildungsgänge
Sonderpädagogische
Beratungs- und Förderzentren
Öffentliche
Bibliotheken mit hauptberuflicher Leitung
Regional
bedeutsame Museen, Musikschulen, Kino
Ø
Soziales und Sport Krankenhaus der
Zentral-/Regional-/Grundversorgung
Haus-und
allgemeinfachärztliche Versorgung
Soziale
Beratungsstellen
Regional
bedeutsame Sportstätten
Ø
Einzelhandel Großflächige
Einzelhandelseinrichtungen
Ø
Verkehr Haltepunkt im schienengebundenen Regionalverkehr
mit Verknüpfung
zum straßengebundenen ÖPNV
Stadtbussystem
Ø
Verwaltungen/Gerichte Gerichte der unteren Instanz
Sollten
nach den Vorstellungen des Landesgesetzgebers auch in diesen Punkten
Kooperationen erforderlich sein, würde
dies weit über das in § 2 Abs. 2 BauGB verankerte Abstimmungsgebot
hinausgehen und damit in die grundgesetzlich garantierte kommunale
Selbstverwaltungsgarantie eingreifen.
Auch inhaltlich bleibt unklar, ob eine
derartige Kooperation zwischen der Stadt Friedberg und der Stadt Bad Nauheim
voraussetzt, dass eine Kommune auf
Versorgungseinrichtungen zugunsten der jeweils anderen Kommune
verzichten muss. Dieser Schluss könnte sich aus dem Ansatz der Expertenkommission ergeben, wonach
Mittelzentren auch bei wachsender Bevölkerung tendenziell Versorgungseinrichtungen
abbauen und zentralisieren sollen. Dies erscheint nicht nachvollziehbar bzw.
widersprüchlich, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Regionale
Flächennutzungsplan vorsieht, dass gerade die Mittelzentren zur
Wohnraumversorgung beitragen sollen.
Zudem versorgen die
Mittelzentren im Ballungsraum bereits jetzt und ohne den Abschluss von
Kooperationsvereinbarungen nicht nur ihre eigene Bevölkerung, sondern decken
auch die erhöhten Bedarfe der „Tagesbevölkerung“ ab. Die Mittelzentren im
Rhein-Main-Gebiet sind es, die die hohe Nachfrage nach Wohnungen, Arbeitsplätzen und Verkehrsinfrastruktur zu bewältigen
haben. Deshalb ist es nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die
Mittelzentren im Regionalverband FrankfurtRheinMain in den Bereichen Wohnungsbau und Öffentlicher
Personennahverkehr durch Kooperationen zu einer Entlastung der Metropolregion
Frankfurt am Main beitragen sollen. Hier bedürfte es eher einer Kooperation mit
der Stadt Frankfurt, die die Folgelasten in den Mittelzentren mit tragen
müsste. Stattdessen sollen diese Lasten allein den Mittelzentren und
umliegenden Gemeinden auferlegt werden.
Zudem erweisen sich die Empfehlungen der
Expertenkommission, auf denen der jetzige Entwurf des Landesentwicklungsplans
aufbaut, als kontraproduktiv, was das allgemeine Ziel angeht, die
Verkehrsinfrastruktur zu verbessern bzw. hier Entlastungen herbeizuführen. Eine
Verringerung des Verkehrs wird z.B. durch eine Nähe von Versorgungseinrichtungen
zu Wohnorten herbeigeführt. Hiermit könnten
Wege in ihrer Häufigkeit und Länge und damit der Verkehr insgesamt reduziert
werden. Die Empfehlungen der Expertenkommission mit einer Zentralisierung von
Versorgungseinrichtungen würden hingegen eine Verschärfung der
Verkehrsprobleme im Ballungsraum Rhein-Main hervorrufen, indem sie die
Bündelung von Versorgungsfunktionen in bestimmten Kommunen und den Abbau
solcher Einrichtungen in anderen Kommunen vorsieht. Eine solche weitere
Verschlechterung der Verkehrssituation würde auch dem Wirtschaftsstandort
schaden.
Zudem stellt sich die
Frage, aus welchen Gründen zusätzlich eine „Bewährung“ vorgesehen ist, bei der
die in den
Kooperationsvereinbarungen enthaltenen Ziele und Maßnahmen in einem 5-jährigen
Turnus, das erste Mal bereits im Jahr 2026, evaluiert werden müssen. Dies
widerspricht der vorgesehenen eindeutigen Festlegung des Status im
Landesentwicklungsplan.
Unklar bleibt, durch wen diese Evaluierung
erfolgen soll, welche Anforderungen und Ziele zu erfüllen sind und welche Folgen ein negatives Ergebnis
hätte. Falls die Folge eine „Herabstufung“ - durch eine Änderung des
Landesentwicklungsplans - mit entsprechenden finanziellen Folgen beim
kommunalen Finanzausgleich wäre, ist dies nicht akzeptabel und stellt ebenfalls
einen erheblichen Eingriff in die grundgesetzlich geschützte kommunale
Selbstverwaltungsgarantie dar.
Großflächiger Einzelhandel
Zum Großflächigen Einzelhandel führt der
Entwurf des LEP folgendes aus (Auszug aus dem Originaltext):
„Großflächiger
Einzelhandel (S.50-51)
Die raumordnerische Steuerung von
Standorten für großflächige Einzelhandelsvorhaben dient der Gewährleistung
gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Konkretisierung von Grundsätzen der
Raumordnung, die in § 2 Abs. 2 ROG gesetzlich verankert sind. Durch veränderte
Rahmenbedingungen im Einzelhandel, wie größere Betriebseinheiten, einen hohen
Filialisie-rungsgrad und die Auswirkungen des Onlinehandels auf den stationären
Handel werden die Gewährleistung einer flächendeckenden, wohnungsnahen
Versorgung und der Erhalt funktionstüchtiger Zentren zunehmend erschwert. Mit
den nachfolgend formulierten Festlegungen sollen die zentralörtlichen
Versorgungsfunktionen und die Sicherung integrierter Versorgungslagen
gewährleistet werden.
Die Vermeidung von Fehlentwicklungen
mit den Mitteln des Raumordnungsrechts stellt insofern einen zwingenden Grund
des Allgemeininteresses dar. Die landesplanerische Steuerung von Standorten,
Größe und Sortimenten großflächiger Einzelhandelsvorhaben sind ein geeignetes
und verhältnismäßiges Instrument zur Umsetzung des gesetzlichen Auftrags. Die
nachfolgenden Festlegungen zum großflächigen Einzelhandel stehen insofern im
Einklang mit europarechtlichen Vorgaben, insbesondere der
EG-Dienstleistungsrichtlinie.
In die Regionalpläne sind zur Steuerung
von Standorten des großflächigen Einzelhandels im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO
Ziele und Grundsätze aufzunehmen, für die die nachfolgend aufgeführten
Festlegungen maßgeblich sind (Mindestanforderungen):
6-1 (Z) Zentralitätsgebot:
§
Großflächige Einzelhandelsvorhaben sind
nur in Ober- und Mittelzentren zulässig.
6-2 (G) Kongruenzgebot:
Großflächige Einzelhandelsvorhaben sollen sich nach Verkaufsfläche,
Einzugsbereich und Sortimentsstruktur in das zentralörtliche System einfügen.
Gegebenenfalls sollen interkommunale Vereinbarungen getroffen werden.
6-3 (Z)
Integrationsgebot:
§
Sondergebiete für großflächigen
Einzelhandel im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO dürfen nur in den im Regionalplan
festgelegten Vorranggebieten Siedlung dargestellt bzw. festgesetzt werden.
Ausnahmen sind möglich, soweit diese im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang
mit städtebaulich integrierten Standorten festgelegt werden (teilintegrierte
Standorte). Vorhaben, die aufgrund ihres Warenangebotes für eine Ansiedlung in
den Vorranggebieten Siedlung ungeeignet sind (z.B. Baustoff-, Bau-, Garten-,
Reifen-, Kraftfahrzeug- und Brennstoffmärkte, Möbel- und Einrichtungshäuser
sowie Küchen- und Bad-/Sanitärfachmärkte), sind auch außerhalb von
Vorranggebieten Siedlung an städtebaulich nicht integrierten Standorten
zulässig.
§
Bei großflächigen
Einzelhandelsvorhaben, die weder in Vorranggebieten Siedlung noch an
teilintegrierten Standorten errichtet oder erweitert werden, sind die in der
Begründung aufgeführten innenstadtrelevanten Randsortimente auf 10 % der
Gesamtverkaufsfläche, höchstens 800 m2, zu begrenzen.
§
Bei der Ansiedlung von großflächigen
Einzelhandelsvorhaben sind deren Auswirkungen auf die städtebauliche
Entwicklung und Ordnung sowie deren Umweltauswirkungen vertieft zu
untersuchen.
6-4 (Z) Beeinträchtigungsverbot:
Großflächige Einzelhandelsvorhaben
dürfen nach ihrer Art, Lage und Größe die Funktionsfähigkeit städtebaulich
integrierter Versorgungslagen der Standort- und Nachbarkommunen nicht
beeinträchtigen.
6-5 (Z) Herstellerdirektverkaufszentren
(Factory-Outlet-Center) sind nur in Oberzentren
in
Vorranggebieten Siedlung zulässig.
6-6 (Z) Agglomerationen
nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe, deren Verkaufsfläche in der Summe
die Großflächigkeit erreicht, sind raumordnerisch wie großflächiger
Einzelhandel zu behandeln.
6-7 (G) Bei der
Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben soll eine Anbindung an den ÖPNV
erfolgen.
6-8
(G) Regionale
Einzelhandelskonzepte:
§ Zur Umsetzung und räumlichen Konkretisierung der
vorstehenden Festlegungen können von der Regionalplanung im Benehmen mit den
Städten und Gemeinden Regionale Einzelhandelskonzepte (REHK) erstellt werden.
§ Diese sollen die Ansiedlung des großflächigen Einzelhandels räumlich
steuern, die Innenstädte und Stadtteilzentren als Einzelhandelsstandorte
sichern, entwickeln und stärken, sowie zur Sicherung der wohnungsnahen
Grundversorgung beitragen. Die REHK sollen planerische Festlegungen treffen und
Aussagen zu den relevanten Sortimenten beinhalten. Dabei soll auch eine
Auseinandersetzung mit den Entwicklungen und Auswirkungen des Online-Handels
erfolgen.“
Die Begründungen zu den zitierten Zielen und
Grundsätzen sind dem beigefügten Entwurf (Seiten 51 – 56) zu entnehmen.
Gegen diese im Entwurf des LEP definierten
Ziele und Grundsätze gibt es keine Bedenken oder Anregungen:
Zum einen entsprechen die Ziele und
Grundsätze den Zielsetzungen der Stadt Friedberg und stellen für die Stadt die
bereits gelebte Praxis dar.
Zum anderen sind diese Ziele im Regionalen
Einzelhandelskonzept des Regionalverbands FrankfurtRheinMain ebenfalls
vorgegeben und sollen im Zuge der
Fortschreibung des Regionalen Flächennutzungsplans evaluiert aufgenommen
werden.
Besonders bei der Ansiedlung von
großflächigem Einzelhandel wären tiefergehende interkommunale Vereinbarungen
als Steuerungselement sinnvoll und notwendig; gerade aber in diesem Punkt
bleibt der Entwurf des LEP sehr vage: „Gegebenenfalls sollen interkommunale
Vereinbarungen getroffen werden“.
Abstimmung
mit dem Dezernat II - Frau Erste Stadträtin Marion Götz
Seitens der Ämter des Dezernates II werden zum
anliegenden Entwurf des Landesentwicklungsplans Hessen 2020 - (vierte Änderung des
Landesentwicklungsplans Hessen 2000) keine Belange geltend gemacht.
Abstimmung
dieser Stellungnahme mit Bad Nauheim
Der Entwurf der Stellungnahme der Stadt
Friedberg ist inhaltlich mit der von der Stadt Bad Nauheim
vorgesehenen Stellungnahme abgestimmt, allerdings werden die vorgesehenen Änderungen
im LEP (künftig notwendige Kooperationsverträge, Evaluierung) seitens der Stadt
Bad Nauheim weniger kritisch gesehen. Es werden seitens der Stadt Bad Nauheim
lediglich Klarstellungen der Formulierungen und der Plandarstellungen gefordert und um Konkretisierung der künftig
notwendigen Kooperationsvereinbarungen und um Klarstellung der möglichen
Konsequenzen hinsichtlich der vorgesehenen Evaluierung gebeten.
☐ |
JA |
x |
NEIN |
||
Haushaltsjahr |
|
☐ |
Ergebnishaushalt |
☐ |
Finanzhaushalt |
Produkt |
|
Kostenstelle |
|
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Investitionsnummer |
|
Sachkonto |
|
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Einnahme oder Ertrag |
€ |
Ausgabe oder Aufwendung |
€ |
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Die Mittel stehen im Haushalt zur Verfügung |
☐ |
JA |
☐ |
NEIN |
|
Überplanmäßige und
außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen (§100 HGO) Deckungsvorschlag |
Friedberg (Hessen), den |
||||
Haushaltsjahr |
|
|
|||
Kostenstelle |
|
||||
Sachkonto |
|
||||
Produkt |
|
||||
Investitionsnummer |
|
( Unterschrift FB
Finanzen) |