Betreff
Einführung einer Zweitwohnungssteuer
Vorlage
16-21/1026
Aktenzeichen
20/0Ke
Art
Beschlussvorlage

Beschlussentwurf:

1.     Der Einführung einer Zweitwohnungssteuer in Friedberg (Hessen) wird zugestimmt.

2.     Der Steuersatz beträgt 10 % des Wohnungsmietwerts.

3.     Die Verwaltung wird mit der Erstellung einer Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer beauftragt.


Sach- und Rechtslage:

Im Haushaltssicherungskonzept 2019 wurde die Prüfung der Einführung einer Zweitwohnungssteuer vorgeschlagen und durch Beschluss der Stadtverordnetenversammlung beauftragt. Das Ergebnis der Prüfung wird nachfolgend zur Beratung und Entscheidung vorgelegt.

 

Ziel der Zweitwohnungssteuer

 

Zahlreiche hessische Städte sowie Kommunen bundesweit erheben eine Zweitwohnungssteuer. Die Begründung hierfür ist die notwendige Bereitstellung städtischer Infrastruktur und deren Mitnutzung durch die Inhaber der Zweitwohnungen. Hierdurch entstehen den Städten Kosten, denen keine Einnahmen gegenüberstehen, da beim kommunalen Finanzausgleich nur Personen mit Hauptwohnung berücksichtigt werden. Für eine Person mit Nebenwohnung erhält die jeweilige Kommune keine Erträge aus der Einkommensteuer. Von der Zweitwohnungssteuer erhoffen sich Kommunen daher entweder unmittelbar höhere Einnahmen (aus den Steuerzahlungen) oder mittelbar höhere Zuweisungen im Finanzausgleich (infolge von Ummeldungen zum Erstwohnsitz, die wiederum zu einem höheren Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer führen).

 

Auch die Stadt Friedberg erhält nur für Bürger/innen, die mit Hauptwohnsitz hier gemeldeten sind, vom Land Hessen einen Anteil aus der Einkommensteuer, die diese an das Finanzamt geleistet haben. Für die Besitzer oder Nutzer von Zweitwohnungen erhält die Stadt keine Zuweisungen. Die Bürger/innen mit Hauptwohnsitz tragen somit Kosten der städtischen Infrastruktur und städtischer Einrichtungen, obwohl diese allen gleichermaßen zugutekommen – auch den Zweitwohnungsinhabern. Die Zweitwohnungssteuer führt daher zu einem Belastungsausgleich. Soweit aufgrund der Steuererhebung eine Abmeldung der Zweitwohnung und die Anmeldung des Erstwohnsitzes in Friedberg erfolgt, würde sich auch dies positiv auf die Einnahmesituation der Stadt auswirken, da die Stadt dann höhere Zuweisungen aus dem Finanzausgleich erhielte.

Funktionsweise der Zweitwohnungssteuer

 

Gegenstand der Zweitwohnungssteuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet. Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat. Dies gilt auch für nur vorübergehend genutzte Wohnungen.

 

Steuerpflichtig ist jede natürliche Person, die im Stadtgebiet eine Zweitwohnung innehat. Die Steuer wird als Jahressteuer erhoben. Besteuerungszeitraum ist das Kalenderjahr. Bemessungsgrundlage der Zweitwohnungssteuer ist der Mietwert der Wohnung (= Jahresrohmiete bzw. Jahresnettokaltmiete). Ausgenommen von der Steuer sind z.B. verheiratete oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft führende Personen, die nicht dauernd von ihrer Familie oder ihrem Lebenspartner getrennt leben, wenn sie von der gemeinsamen Wohnung am Hauptwohnsitz ihrer Berufstätigkeit nicht zumutbar nachgehen können und deshalb eine Zweitwohnung führen müssen. 

 

Der Steuersatz in den Kommunen liegt landesweit zwischen 8 % und 20 %; in der Regel beträgt er 10 %. Im Wetteraukreis wird die Zweitwohnungssteuer von den Städten Bad Nauheim, Bad Vilbel, Florstadt, Gedern und Karben ebenfalls in Höhe von 10 % erhoben.

 

Die Berechnungsweise der Zweitwohnungssteuer illustriert folgendes Beispiel:

Eine Wohnung mit 70 qm Wohnfläche und 8,- € pro qm Kaltmiete ergibt eine Jahresnettokaltmiete von 6.720,- €. Bei einem Steuersatz von 10% muss der Zweitwohnungsinhaber eine jährliche Steuer von 672,- € entrichten.

 

Erfahrungswerte anderer Kommunen

 

Die Stadt Friedberg (Hessen) hat im Frühjahr 2019 eine Umfrage unter allen hessischen Städten und Gemeinden vorgenommen, die eine Zweitwohnungssteuersatzung eingeführt haben. Eine Antwort ist von 18 der 28 Kommunen erfolgt. Die Erfahrungswerte dieser Kommunen zeigen, dass nach Ankündigung der Einführung einer Zweitwohnungssteuer in der Regel ein erheblicher Anteil der Zweitwohnungen abgemeldet wird; bei einem Teil erfolgt die Anmeldung mit Erstwohnsitz in der Kommune. Nachfolgend drei Beispiele:

 

·         Bei der Stadt Raunheim (17.000 Einwohner) waren bei Einführung der Steuer ursprünglich 400 Zweitwohnsitze gemeldet, davon wurden seinerzeit 200 nach Einführung der Zweitwohnungssteuer abgemeldet, 22 haben sich zum Hauptwohnsitz umgemeldet. 63 Fälle waren von der Steuer zu befreien. Im Jahr 2018 wurden 47 Fälle veranlagt. Diese haben Steuern in Höhe von insgesamt 21.562 € entrichtet.

 

·         Bei der Stadt Hungen (13.000 Einwohner) waren nach Erlass der Satzung zum 01.01.2015 356 Personen mit Zweitwohnung gemeldet. Vier Wochen vor Einführung der Zweitwohnungssteuer wurde ein Ankündigungsschreiben versandt. Aufgrund dieses Schreibens haben 210 Personen den Zweitwohnsitz abgemeldet. Mit Stand vom 01.04.2019 waren 175 Zweitwohnungen gemeldet. Hiervon sind ca. 50% von der Steuer befreit. Die Steuereinnahmen betragen nach dortigen Angaben jährlich ca. 8.000 €.

 

·         Die Stadt Bad Nauheim (32.000 Einwohner) erzielt bei 135 Zweitwohnungsinhabern, die zur Steuer veranlagt werden, ein jährliches Steueraufkommen von rd. 70.000 EUR.

 

Situation in Friedberg

 

In der Stadt Friedberg (Hessen) waren im Jahr 2018 rd. 1.300 Zweitwohnungen gemeldet. Nach einem ersten Anschreiben im November 2018, in dem die Prüfung der Einführung einer Zweitwohnungssteuer mitgeteilt wurde, sind rund 500 Zweitwohnungen abgemeldet worden. Aktuell (Stand: August 2019) sind in Friedberg noch 808 Zweitwohnungen gemeldet. Gegliedert nach dem Alter der gemeldeten Zweitwohnungsnutzer/innen ergibt sich folgender Sachstand:

 

  0 - 17 Jahre:     37 Zweitwohnungen

18 - 30 Jahre:    323 Zweitwohnungen

31 - 40 Jahre:    141 Zweitwohnungen

41 - 64 Jahre:    255 Zweitwohnungen

ab 65 Jahre:       52 Zweitwohnungen

 

Bei den Zweitwohnungsinhabern in der Gruppe der 18 – 30-Jährigen handelt es sich überwiegend um Studenten. Auch für diese ist aus städtischer Sicht das Ziel, sie zur Anmeldung des Erstwohnsitzes in Friedberg zu veranlassen – entsprechend dem Vorgehen in anderen hessischen Hochschulstandorten wie Gießen und Marburg. Die Betroffenen können somit durch eigenes Verhalten steuern, ob sie zur Steuer herangezogen werden oder nicht. Nur soweit keine Anmeldung zum Erstwohnsitz in Friedberg erfolgt, würden sie über die Zweitwohnungssteuer zu den Kosten städtischer Infrastruktur, die sie nutzen, mit herangezogen.

 

Nach einem positiven Grundsatzbeschluss der Stadtverordnetenversammlung zur Einführung der Zweitwohnungssteuer sind folgende Effekte zu erwarten:

 

a) höhere Einnahmen durch Erhebung der Steuer

Das jährliche Steueraufkommen durch die Einführung einer Zweitwohnungssteuer kann aktuell nur schwer geschätzt werden. Es ist damit zu rechnen, dass nach Einführung der Zweitwohnungssteuer in Friedberg (Hessen) weitere Zweitwohnungen abgemeldet werden. Des Weiteren wird es aus rechtlichen Gründen einige Steuerbefreiungen geben (Beispiel s.o. unter „Funktionsweise der Zweit­wohnungs­steuer“). Eine konkrete Information über die Höhe des Steueraufkommens ist daher erst nach entsprechendem Grundsatzbeschluss der Stadtverordnetenversammlung zur Einführung der Zweitwohnungssteuer und erfolgter Erhebung bei den Steuerpflichtigen möglich.

 

b) höhere Einkommensteueranteile

Bei der Einführung einer Zweitwohnungssteuer ist zu erwarten, dass ein Teil der Zweitwohnungsinhaber ihre Nebenwohnung in Friedberg (Hessen) zur Hauptwohnung ummeldet. Dies wird eine Erhöhung des Aufkommens aus Einkommenssteueranteilen im städtischen Haushalt mit sich bringen. Eine konkrete Information hierzu ist erst nach entsprechendem Grundsatzbeschluss der Stadtverordnetenversammlung zur Einführung der Zweitwohnungssteuer und erfolgter Erhebung bei den Steuerpflichtigen möglich.

 

c) Bereinigung des Melderegisters

Gemäß Bundesmeldegesetz hat das Melderegister vollständig und richtig zu sein. Allein durch das Erstanschreiben vom November 2018 wurden über 400 Datensätze bereinigt. Bei Einführung der Zweitwohnungssteuer ist mit weiteren Bereinigungen zu rechnen.

 

d) Personal- und Sachaufwand

Für die Einführung und Bearbeitung der neuen Steuerart entsteht ein zusätzlicher Personal- und Sachaufwand. Auch hierzu ergeben sich erst verlässliche Schätzungen nach einem entsprechenden Grundsatzbeschluss und der daraus resultierenden endgültigen Feststellung der dann zu versteuernden Wohnungen. Neben zahlreichen Städten, die in den vergangenen Jahren die Zweitwohnungssteuer eingeführt haben, existieren auch einzelne, die sie wieder abgeschafft haben, da die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben war. Hier standen Aufwand und Ertrag in keinem sinnvollen Verhältnis und eine Deckung der Personalkosten war durch die Mehreinnahmen nicht gewährleistet.

 

Weiteres Vorgehen

 

Nach positivem Grundsatzbeschluss der Stadtverordnetenversammlung zur Einführung der Zweitwohnungssteuer wird ein Schreiben inklusive Erhebungsbogen an alle Zweitwohnungsinhaber versandt, in dem nähere Angaben zur Zweitwohnung erhoben werden. Nach Auswertung der Rückmeldungen wird dann feststellbar sein, wie viele Steuerpflichtige verbleiben, wie viele Steuerbefreiungen ggfs. zu gewähren sein würden (s.o.) und wie sich die weitere Umsetzung der Zweitwohnungssteuer in Friedberg wirtschaftlich darstellt. Auf dieser Grundlage erfolgt sodann die Vorlage einer Satzung zur Einführung der Zweitwohnungssteuer zur Beschlussfassung in den städtischen Gremien.

 

Da trotz des ersten Ankündigungsschreibens vom November 2018 und der anschließenden zahlreichen Ab- und Ummeldungen mit derzeit 808 Wohnungen nach wie vor ein erheblicher Zweitwohnungsbestand in Friedberg zu verzeichnen ist, wird aktuell nach einem konkreten Einführungsbeschluss und dem nachfolgenden (zweiten) Ankündigungsschreiben mit einem weiterhin nennenswerten Anteil an Zweitwohnungen in Friedberg und der Wirtschaftlichkeit der Steuererhebung gerechnet.


 

Finanzielle Auswirkungen:

X

JA

X

NEIN

Haushaltsjahr

 

Ergebnishaushalt

Finanzhaushalt

Produkt

 

Kostenstelle

 

Investitionsnummer

 

Sachkonto

 

Einnahme oder

Ertrag

Ausgabe oder Aufwendung

Die Mittel stehen im Haushalt zur Verfügung

JA

NEIN

Überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen (§100 HGO)

Deckungsvorschlag

Friedberg (Hessen), den

Haushaltsjahr

 

 

Kostenstelle

 

Sachkonto

 

Produkt

 

Investitionsnummer

 

( Unterschrift FB Finanzen)