Erste Stadträtin Götz erläutert die Anfrage wie folgt:
1. Wie ist der Sachstand zum Antrag 16-21/1147
Der Antrag der FDP
hat zum Ziel, dass die Stadt Friedberg (Hessen) in Kooperation mit den
Beruflichen Schulen am Gradierwerk (BSG) in Bad Nauheim neue Wege zur Gewinnung
von Auszubildenden für den Beruf der Erzieher/innen beschreitet. Dies soll in
Form einer dualen dreijährigen Ausbildung erfolgen. Damit verbindet sich die
Erwartung und Hoffnung, dass das Interesse an der Ausbildung und damit die
Bewerber/innenzahlen steigen und dem Fachkräftemangel, der auch die
Kindertagesstätten der Stadt Friedberg (Hessen) betrifft, entgegengewirkt
werden kann.
Zum Sachstand der
Antragsbearbeitung:
Nach Übernahme der
Dezernentschaft für die Kindertagesstätten am 1.1.2020 habe ich mich ab Januar
2020 des Auftrags der Stadtverordnetenversammlung angenommen und initiiert,
dass eine aktive Befassung mit dem Modell der praxisintegrierten dualen
Ausbildung – auch nach dem Beispiel anderer Kommunen – und mit den bestehenden
Fördermöglichkeiten stattfindet. In den nächsten Tagen wird eine umfassende
Gremienvorlage zum Thema „Personalgewinnung, -bindung und –entwicklung für die
Kindertagesstätten der Stadt Friedberg (Hessen)“ in den Magistrat eingebracht,
in die neben vielen anderen Maßnahmenvorschlägen auch die dreijährige duale Ausbildung
Eingang gefunden hat. Nach Beratung im Magistrat Anfang Juli 2020 wird die
Vorlage an die Fachausschüsse und die Stadtverordnetenversammlung
weitergeleitet.
Erläuterung zum
Verständnis des Unterschieds zwischen dem seitherigen „klassischen“ Ausbildungsgang
und der dualen praxisintegrierten Ausbildung:
In der seitherigen
“klassischen“ Ausbildung müssen angehende Erzieher/innen nach zweijähriger
Ausbildung zum/zur staatlich geprüften Sozialassistenten/in (oder Einstieg als
„Quereinsteiger/in“ mit bestimmten Voraussetzungen) drei Jahre an einer
Fachschule für Sozialwesen, Fachrichtung Sozialpädagogik absolvieren. Diese
endet mit dem Abschluss als staatlich anerkannte/r Erzieher/in. In den ersten
zwei Jahren besuchen sie in Vollzeit die Fachschule und haben in dieser Zeit
kein Einkommen. Im dritten Jahr folgt das - tariflich vergütete -
Anerkennungspraktikum in einer Einrichtung.
Im dualen
Ausbildungsgang – der „Praxisorientierten Ausbildung“ (PIA oder PivA) - wird demgegenüber das
Anerkennungsjahr aufgegeben und als berufspraktischer Teil in die Gesamtausbildung
integriert. Die angehenden Erzieherinnen schließen einen Ausbildungsvertrag mit
der Kommune. Sie befinden sich bei diesem Modell in den ersten zwei Jahren der
Ausbildung drei Tage pro Woche in der Schule und zwei Tage in der
Kindertagesstätte. Im dritten Jahr sind sie drei Tage in der Kita und zwei Tage
in der Schule. In allen drei Jahren erhalten die Absolventen/innen eine
Vergütung nach dem Tarifvertrag für Auszubildende des öffentlichen Dienstes
(TVAöD). Diese beträgt monatlich:
·
im
1. Ausbildungsjahr: 1.140,69 Euro + zusätzlich 30% Arbeitgeberkosten
·
im
2. Ausbildungsjahr: 1.202,07 Euro + zusätzlich 30% Arbeitgeberkosten
·
im
3. Ausbildungsjahr: 1.303,38 Euro + zusätzlich 30% Arbeitgeberkosten
Sowohl Bund als
auch Land boten und bieten für diese neue Ausbildungsform Fördermöglichkeiten
für die Kommunen an. Der Bund hat
jedoch sein Programm „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen/Erzieher, Nachwuchs
gewinnen und Profis binden“ nach zwei Jahren wieder eingestellt. Das Land
Hessen hat das Programm „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher“
gestartet, das die Lücke des Bundes schließen soll und bislang die Förderung
von 200 Plätzen umfasste. Im Ausbildungsdurchgang 2020 – 2023 und 2021 – 2024
werden nun landesweit jeweils bis zu 600 Plätze vom Land Hessen gefördert. Um
Anträge auf Zuschüsse stellen zu können, müssen die Kommunen jedoch zunächst
die Auszubildenden einstellen. Dies setzt neben den erforderlichen Haushaltsmitteln
eine entsprechende Stellenausschreibung und die Teilnahme der Bewerber/innen an
einem Eignungstest voraus, der jeweils im Februar eines Jahres stattfindet.
Um nun
diesbezüglich für die Stadt Friedberg (Hessen) aktiv werden zu können, wurden
für den Haushaltsplanentwurf 2021 die erforderlichen Mittel für drei
Ausbildungsplätze angemeldet. Die Gesamtkosten für drei Auszubildende über den
Ausbildungszeitraum von drei Jahren belaufen sich auf rd. 185.000 EUR. Sollte
die Stadt Friedberg Fördermittel des Landes Hessen erhalten (Antragsschluss ist
im Frühjahr 2021 für das im August 2021 beginnende Ausbildungsjahr), reduzieren
sich die Kosten auf rd. 72.700 EUR. Zur Klärung der Details des weiteren
Vorgehens (Anmeldeverfahren, Voraussetzungen usw.) hat die Kita-Verwaltung
bereits mit den Beruflichen Schulen am Gradierwerk, Bad Nauheim, Kontakt
aufgenommen und sich in einer Informationsveranstaltung kundig gemacht.
Im September 2020
folgt zu dieser Maßnahme eine ergänzende Gremienvorlage zwecks Herbeiführung
eines Grundsatzbeschlusses über die Einrichtung der Ausbildungsplätze, um den
rechtzeitigen Start der Stellenausschreibung und –besetzung für den
Ausbildungsjahrgang 2021 – 2024 zu ermöglichen.
Weitere Initiative zur Förderung der Attraktivität
der Erzieher/innenausbildung: Vergabe von Stipendien
Über die Schaffung
der praxisintegrierten Ausbildungsplätze hinaus wird für das Haushaltsjahr 2021
dezernentinnen- und verwaltungsseitig jedoch eine weitere Maßnahme
vorgeschlagen, um die Ausbildung im Erzieher/innenberuf für Kitas der Stadt
Friedberg attraktiver zu machen: die Vergabe von Stipendien. Diese sollen
Bewerber/innen im „klassischen“ Ausbildungsgang zum/zur staatlich anerkannten
Erzieher/in fördern. Wie dargestellt, verfügen diese in den ersten beiden
Jahren ihrer Ausbildung an der Fachschule über keinen Verdienst. Die Stadt
würde in diesem Modell daher die ersten beiden Ausbildungsjahre durch die
Gewährung eines Stipendiums in Höhe von monatlich 450 EUR unterstützen. Dies
ist die Höchstgrenze für einen Mini-Job (brutto = netto) und muss seitens der
Auszubildenden nicht versteuert werden. Zusätzlich könnten Empfänger/innen des
Stipendiums einen weiteren Nebenjob annehmen. Das 3. Ausbildungsjahr (Anerkennungspraktikum)
wird nach dem TVöD vergütet. Die Kosten dieses Modells würden sich bei Vergabe
von drei Stipendien für die ersten beiden Ausbildungsjahre auf 32.400 EUR
belaufen. Hinzu kämen die Kosten für das tariflich zu vergütende
Anerkennungspraktikum der Stipendiaten/innen im 3. Jahr der Ausbildung in
Höhe von insgesamt rd. 72.000 EUR. Die Gesamtkosten für drei Auszubildende
würden sich in diesem Modell somit auf rd. 104.400 EUR in drei Jahren belaufen.
Die Gewährung
eines Stipendiums würde auf Basis einer entsprechenden Vereinbarung zwischen
dem/der Empfänger/in und der Stadt erfolgen. Darin verpflichten sich diese
mittels einer Rückzahlungsvereinbarung, ihr Anerkennungspraktikum bei der Stadt
Friedberg (Hessen) zu absolvieren und für einen Zeitraum von mindestens zwei
Jahren nach Abschluss der Ausbildung in einer städtischen Kindertagesstätte in
Friedberg (Hessen) zu arbeiten. Die Einzelheiten des Modells werden in den
nächsten Tagen auch in der o.g. Gremienvorlage zum Thema „Personalgewinnung,
-bindung und –entwicklung für die Kindertagesstätten der Stadt Friedberg
(Hessen)“ beschrieben.
2. Welche Abstimmungen mit der Stadt Bad Nauheim oder anderen
Gemeinden hat es gegeben?
Es wurden Gespräche zum Informationsaustausch
mit den Städten Bad Nauheim, Friedrichsdorf, Rosbach v.d.H. und Bad Vilbel
geführt.
3. Welche Ergebnisse wurden erzielt?
Siehe Ziffer 1.
4. Wenn keine Ergebnisse erzielt wurden, warum konnten keine
Ergebnisse erzielt werden?
Entfällt.
5. Welche weiteren Schritte werden in der nächsten Zeit
unternommen?
1.
Für
den Haushaltsplanentwurf 2021 werden drei Stellen für den dualen
Ausbildungsgang „praxisintegrierte Ausbildung“ und drei Stipendien für
Auszubildende im Beruf der staatlich anerkannten Erzieherin/des staatlich
anerkannten Erziehers angemeldet. Diese werden den städtischen Gremien im
Rahmen der Haushaltsberatung zur Entscheidung vorgelegt.
2.
In
den nächsten Tagen wird eine umfassende Gremienvorlage zum Thema „Personalgewinnung,
-bindung und Personalentwicklung von pädagogischen Fachkräften für die Kindertagesstätten
der Stadt Friedberg (Hessen)“ in den Magistrat eingebracht. Diese wird als eine
Maßnahme bzw. als einen Baustein des Gesamtkonzepts neben vielen anderen
auch die o.g. neuen Ausbildungsmodelle beinhalten.
3.
Im
September 2020 wird eine Beschlussvorlage in die städtischen Gremien
eingebracht, um eine Grundsatzentscheidung über die Einrichtung der drei dualen
Ausbildungsplätze im Ausbildungsjahrgang 2021 – 2024 herbeizuführen. Diese soll
die Grundlage schaffen, um verwaltungsseitig die erforderlichen
Besetzungsverfahren für die drei Plätze starten zu können (öffentliche
Ausschreibung, Durchführung der Eignungstests, Abschluss der
Ausbildungsverträge als Voraussetzung für die Antragsstellung auf Fördermittel
des Landes).
4.
Nach
Zustimmung der Gremien zu Nr. 3 erfolgt die öffentliche Ausschreibung der Ausbildungsplätze.
6. Warum wurde kein Zwischenbericht zum Sachstand übermittelt?
Wie unter Nr. 1
erwähnt, war und ist nach Übernahme des Aufgabenfelds der Kindertagesstätten am
1.1.2020 seitens der Kita-Dezernentin beabsichtigt, den städtischen Gremien bis
zu den Sommerferien 2020 eine Bestandsaufnahme und neue Maßnahmenvorschläge zur
Personalgewinnung, -bindung und Personalentwicklung für die Kindertagesstätten
der Stadt Friedberg (Hessen) in einer umfassenden Drucksache als „Gesamtpaket“
vorzulegen.
Diese
Gremienvorlage ist plangemäß soeben fertiggestellt, wird in der nächsten Woche
ausgefertigt, Anfang Juli in den Magistrat eingebracht und soll danach alle
städtischen Gremien durchlaufen. Da diese Vorlage neben vielen anderen
Maßnahmen auch eine umfangreiche Information über den von der FDP beantragten
dreijährigen dualen Ausbildungsgang enthält, erschien eine gesonderte, quasi
stückwerkartige Vorab-Berichterstattung zu diesem einen Baustein des Gesamtkonzepts
nicht sinnvoll. Deshalb wurde von dieser Abstand genommen.
Friedberg (Hessen), den 25.6.2020
Marion Götz
Erste Stadträtin