Sitzung: 28.05.2020 Stadtverordnetenversammlung
Beschluss: Mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 18, Nein: 6, Enthaltungen: 0
Vorlage: 16-21/1418
Nach
kontroverser Diskussion, fasst die Stadtverordnetenversammlung folgenden
Beschluss:
Seitens der
Stadt Friedberg werden zum Entwurf des Landesentwicklungsplans Hessen 2020 -
Raumstruktur, Zentrale Orte und Großflächiger Einzelhandel (vierte Änderung des
Landesentwicklungsplans Hessen 2000) folgende Bedenken und Anregungen
vorgetragen:
Bedenken zum Verfahren
·
Es bestehen Bedenken dagegen, dass die Kommunen nicht, wie auch vom
Hessischen Städtetag gefordert, bereits im Vorfeld stärker in ein Vor-Abstimmungsverfahren
eingebunden wurden. Nur eine vollständige Einbindung von Anfang an stellt
sicher, das neue und anstehende Entwicklungen seitens der Kommunen konkret
benannt und in den Prozess eingebracht werden können
·
Zur Prüfung des Änderungsentwurfes sollte den Städten und Gemeinden eine
Herausarbeitung der vorgesehenen Änderungen in Form einer Gegenüberstellung zur
Verfügung gestellt werden
·
Da die landesplanerischen Inhalte in die Flächennutzungsplanung Eingang
finden müssen, wird die zeitgleiche Änderung von Landesentwicklungsplan (LEP)
und Fortschreibung des Regionalen Flächennutzungsplanes (RegFNP) sehr kritisch
gesehen.
Bedenken zum Inhalt
Zentrale Orte
Grundsätzlich wird die Einstufung als „Mittelzentrum in Kooperation im
Verdichtungsraum
(V II) – Mittelzentrale Kooperation mit Teilfunktionen eines
Oberzentrums“ (als logische Folge der vorherigen Einstufung „Mittelzentrum mit
teilweiser Funktion eines Oberzentrums“) begrüßt.
Es bestehen jedoch erhebliche Bedenken, dass für Friedberg und Bad
Nauheim
damit künftig über das in § 2 Abs. 2 BauGB verankerte Abstimmungsgebot
hinaus die Erforderlichkeit der interkommunalen Aufgabenteilung bzw. des
Verbundgedankens in künftig formalisierten Kooperationsvereinbarungen besteht.
Hierin wird ein Verstoß gegen die grundgesetzlich geschützte
Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz gesehen.
Begründung
Im bisher geltenden Landesentwicklungsplan aus dem Jahr 2000 sind die
Städte Friedberg und Bad Nauheim auf Grund ihrer jeweiligen vorhandenen Infrastruktur
und Versorgungsstruktur als Mittelzentren und gemeinsam mit Teilfunktionen
eines Oberzentrums ausgewiesen.
Nach dem vorliegenden Entwurf ist nun eine erhebliche Veränderung
vorgesehen, die über das Abstimmungsgebot von § 2 Abs. 2 BauGB und über eine
interkommunale Zusammenarbeit in
Einzelbereichen hinaus geht und in die grundgesetzlich geschützte
Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz eingreift.
Gemäß dem Entwurf des Landesentwicklungsplans sollen die Städte
Friedberg und Bad Nauheim (in dieser Konstellation) als einzige Kommunen in
Hessen als „Mittelzentrum in Kooperation im Verdichtungsraum (V II) -
Mittelzentrale Kooperation mit Teilfunktionen eines Oberzentrums “ ausgewiesen
werden; damit wäre dieser Status zunächst zwar festgeschrieben, es bleibt aber
unklar, in welchem Zeitraum, welchem Umfang und welchen Teilfunktionen
derartige Kooperationen formal/vertraglich abzuschließen sind und welche Folgen
ein vollständiges oder auch nur ein teilweises Scheitern der geforderten
Kooperationen oder der Abschluss oder das mögliche Scheitern von Kooperationen
nur in Teilbereichen hätten. Im Entwurf
des LEP (Seite 29) ist allgemein nur formuliert, dass Mittelzentren mit Teilfunktionen
eines Oberzentrums „ausgewählte oberzentrale Einrichtungen bedarfsgerecht
bereitzustellen“ haben.
Hier bedarf es einer Konkretisierung durch den Gesetzgeber.
Zudem ist darauf zu verweisen,
dass das Vorhandensein etlicher der in Mittel- und Oberzentren vorzuhaltenden
Versorgungseinrichtungen (S. 35/36 und S. 39) nicht in der kommunalen
Entscheidungsbefugnis und im kommunalen Einflussbereich liegt, sondern durch
Dritte bestimmt wird (wie z.B. Bund, Land, Bahn).
Zudem wird darüber hinaus in Frage gestellt, dass und aus welchen
Gründen eine „Bewährung“ vorgesehen ist, bei der die in den Kooperationsvereinbarungen
enthaltenen Ziele und Maßnahmen in einem 5-jährigen Turnus, das erste Mal
bereits im Jahr 2026, evaluiert werden müssen. Dies widerspricht der
vorgesehenen eindeutigen Festlegung des Status im Landesentwicklungsplan.
Unklar bleibt,
durch wen diese Evaluierung erfolgen soll, welche Anforderungen und Ziele zu
erfüllen sind und welche Folgen ein negatives Ergebnis hätte. Falls die Folge
eine „Herabstufung“ - durch eine Änderung des Landesentwicklungsplans - mit
entsprechenden finanziellen Folgen beim kommunalen Finanzausgleich wäre, ist
dies nicht akzeptabel und stellt einen erheblichen Eingriff in die grundgesetzlich
geschützte kommunale Selbstverwaltungsgarantie dar.
Abstimmungsergebnis: